5 | 23. Open-Air Konzert


Ungetrübter Open-Air-Konzertgenuss trotz Regenschauer

Text von: Okka Mallek
Hannover, 28.08.2011

„Die Hannoveraner sind klasse“ stellte Bürgermeisterin Ingrid Lange in ihrer emphatischen Grußrede beim 23. Open-Air- Konzert der Chopin-Gesellschaft Hannover fest. Sie wird es wissen, denn sie kennt ihre Bürger und in der Tat spricht es für die ca. 4.000 Besucher, dass sie trotz des instabilen Wetters den Weg in den Georgengarten nicht gescheut haben, um in den Genuss eines außergewöhnlichen Konzertes zu kommen. Mit Regenschirmen, wasserfesten Sitzunterlagen und Proviant ausgerüstet, lauschten die Klassikfans bestens gelaunt den Klängen des jungen Sinfonieorchesters, das unter seinem erfahrenen Dirigenten Tobias Rokahr ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt hat. 

Als Auftakt erklangen zwei slawische Tänze aus Opus 46 von Antonín Dvorák. Werke, die sich trotz ihrer Popularität offenbar nicht abnutzen, da sie unmittelbar die Herzen der Zuhörer berühren. Das Orchester spielte nuanciert und klangschön. Rokahrs schwungvoller Dirigierstil wirkte erfrischend und dem heiteren Charakter der Stücke angemessen. Nach dieser Aufwärmphase ging es mit den Zigeunerweisen von Pablo de Sarasate steil bergauf in den virtuosen Olymp. Dieses technisch und musikalisch höchst anspruchsvolle Werk wurde von der französischen Geigerin Solenne Paidassi eindrucksvoll dargeboten. Präzise in der Intonation, mit vollem Klang und reichen Farbschattierungen gelang es der Künstlerin, die oft wehmütige, klagende oder auch exstatische Stimmung der Zigeunerweisen, die ihren Ursprung in der Csardas, einem ungarischen Volkstanz, haben, zu vermitteln. Das Publikum bezeugte seine Anerkennung durch jubelnden Beifall und man kann nur hoffen, diese talentierte Künstlerin noch oft hören zu dürfen.

Die Moldau, eine der sechs sinfonischen Tondichtungen aus dem Zyklus „Mein Vaterland“ von Bedrich Smetana, ebenfalls, wie Dvorák, ein böhmischer Komponist, perlte und floss unter Rokahrs Dirigat mit der gebotenen Leichtigkeit. Entspannt nippten Zuhörer an Kaffeetassen oder Weingläsern, doch skeptische Blicke in den wolkenverhangenen Himmel verhießen nichts Gutes und prompt setzte auch wieder ein Schauer ein. Dennoch erhielt die Pianistin Hisako Kawamura mit der Darbietung des dritten Klavierkonzertes von Ludwig van Beethoven nach der Pause vollkommene Aufmerksamkeit. Auch mit dieser Solistin hatte die Chopin-Gesellschaft einen guten Griff bewiesen. Sicher ist es nicht einfach, ein solch komplexes Werk mit all seinen Schattierungen, seinem enormen architektonischen Ausmaß und den extremen Dynamikvorgaben in einer Konzertmuschel unter den Bedingungen einer Freiluftveranstaltung zu gestalten. Kawamura überzeugte aber mit hervorragender Technik, musikalischem Gespür und mit Sinn für klangliche Finessen. Zart und hingebungsvoll wirkte das Largo des zweiten Satzes und ungestüm das Rondo des dritten Satzes. Auch dieser Künstlerin wurde die uneingeschränkte Sympathie des Publikums zuteil und als Dank für den nicht enden wollenden Beifall spielte sie Robert Schumanns „Widmung“ in einer Transkription von Franz Liszt. 

Auf das 24. Open-Air-Konzert, das die Präsidentin, Frau Sookie Schober, für den 26. August des kommenden Jahres angekündigt hat, dürfen sich Klassikliebhaber und unverdrossene Freiluftfanatiker schon heute freuen.

Solenne Païdassi 

wurde 1985 in Frankreich geboren und begann mit vier Jahren, Violine zu spielen. Sie studierte in Genf, London und Philadelphia – zurzeit ist sie in der Klasse von Krzysztof Wegrzyn in Hannover.

Sie gewann im November 2010 den 1. Preis des Long-Thibaud Wettbewerbs in Paris. Sie war bei zahlreichen internationalen Wettbewerben erfolgreich, unter anderem war sie im Jahr 2007 Erste Preisträgerin beim Gdansk LOTOS Classic Prize, beim Baltic International Competition und beim Lysenko Competition in Kiew. Im selben Jahr gewann sie den Zweiten Preis der Gyeongnam Competition in Südkorea. Dritte Preisträgerin war Sie beim Sion-Valais Wettbewerb 2006. In 2009 war sie Preisträgerin beim Hannover Internationaler Wettbewerb.

Solenne Païdassi hat in vielen europäischen Städten konzertiert, sowie in Philadelphia und in der Carnegie Hall in New York. Sie tritt bei Festivals wie den Holland Music Sessions, dem Festival International des Jeunes Soliste in Antibes oder dem Festival de Musique Sacrée in Nizza auf. Außerdem ist sie Teil des Kammermusik-Ensembles «il Gioco col Suono».

Hisako Kawamura 

wurde in Nishinomiya (Japan) geboren und begann ihren Klavierunterricht im Alter von fünf Jahren bei K. Sawano. Zu ihren Mentoren gehören Malgorzata Bator-Schreiber in Göttingen, die sie musikalisch und künstlerisch aufbaute, und Prof. Vladimir Krainev an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, der sie zu einer musikalischen Persönlichkeit formte.

Nach zahlreichen herausragenden Erfolgen bei renommierten internationalen Klavierwettbewerben begann Kawamuras internationale Konzerttätigkeit. So gewann sie u.a. den Concours Clara Haskil in Vevey, den Concorso G. B. Viotti in Vercelli, den Concorso A. Casagrande in Terni, den Darmstädter Chopin-Wettbewerb und wurde Preisträgerin des Concours Géza Anda in Zürich, des Internationalen Musikwettbewerbs der ARD in München und des Concours Reine Elisabeth in Brüssel. Sie konzertierte bereits mit den renommiertesten internationalen Orchestern und arbeitete mit prominenten Dirigenten zusammen.

Programm

Bedrich Smetana Die Moldau
Antonín DvorákDrei Slawische Tänze
Pablo de SarasateZigeunerweisen (mit Solo – Violine)
Ludwig van BeethovenKlavierkonzert Nr. 3 c-Moll