Virtuos und nachdenklich: Alberto Nosé spielt Chopin und Liszt
Okka Mallek
Hannover, 04.02. 2012
Als Auftakt der diesjährigen Konzertsaison lud die hannoversche Chopin-Gesellschaft den Pianisten Alberto Nosé ein, im Vortragssaal der Firmen Solvay und Abbott einen Klavierabend zu geben. Nosé war bereits im Sommer 2009 mit einer bemerkenswerten Darbietung des zweiten Klavierkonzertes von Rachmaninow zu Gast bei der Chopin-Gesellschaft, und wie vor zwei Jahren, begeisterte der 32 jährige Italiener auch in diesem Jahr wieder zahlreich erschienene Konzertbesucher.
Nosé besticht vor allem durch delikates, feinfühliges und immer klangschönes Spiel. In den 24 Preludés von Frédéric Chopin, die im ersten Konzertteil erklangen, zeichnete der Künstler ein Bild des sensiblen, ästhetischen und oft melancholischen Komponisten. Die Tempi wählte Nosé durchweg ruhig, niemals gehetzt. Selbst die mit Vivace, Agitato oder Presto con fuoco überschriebenen Preludés gestaltete Nosé trotz ihres virtuosen Charakters und ihrer technischen Herausforderung ruhig und innig. So fügte er alle 24 Werke, die zum Teil aus nur 16 taktigen Einzelstücken bestehen, zu einem sinnvollen Ganzen. Trotz seiner kraftvollen Tongebung spielte Nosé niemals perkussiv, und selbst die im dreifachen forte notierten Schlusstöne des letzten Preludés in d-moll wirkten wie ein großes abschließendes Fragezeichen hinter einem rezitativen und beinahe balladenhaften Monolog.
Der zweite Teil des Abends war ausschließlich Franz Liszt gewidmet. Die weit verbreitete Meinung, Liszts Klavierstücke seien ausschließlich „Kraftpakete“, in denen Pianisten sich austoben können, wurde von Alberto Nosé überzeugend widerlegt. Seine Interpretation vom Mephisto Walzer, der durchaus eine pianistische Herausforderung darstellt und ein hohes Maß an technischem Können verlangt, wirkte eher nachdenklich. Dennoch gelang es dem Künstler, den diabolischen Effekt dieses Werkes zum Ausdruck zu bringen. Zwei Teile aus Liszts Années de Pélerinage, Les cloches de Genènve und Dante-Fantasie, bildeten den Abschluss eines gelungenen Konzertabends. Auch in diesen Werken, in denen Liszt seine Pilgerjahre beschreibt, besticht Nosé mit vollendeter Anschlagskultur, sorgfältiger Phrasierung und musikalischer Reife.
Das begeisterte Publikum forderte zwei Zugaben und Nosé bedankte sich mit der letzten, zart hingehauchten Mazurka in As-Dur von Chopin und dem posthum erschienenen a-Moll Walzer, ein kleines, in seiner Schlichtheit anrührendes Werk.
Alberto Nosé
begann sein Studium am Konservatorium „Dall’Abacco“ in Verona bei Professor Laura Palmieri, um danach an die Internationale Piano Akademie „Incontri col Maestro“ in Imola zu den Professoren Franco Scala, Boris Petrushansky und Leonid Margarius zu wechseln, wo 2005 abschließend sein Piano-Masterdegree erhielt. Zusätzlich besuchte er Meisterklassen bei zahlreichen herausragenden Pianisten und Piano-Pädagogen wie z.B. Maurizio Pollini, Murry Perahia, Arie Vardi oder Karl-Heinz Kämmerling.
Alberto Nosé fand erste öffentliche Anerkennung, als er mit elf Jahren den 1. Preis beim Internationalen Wettbewerb „Jugend für Mozart“ in Salzburg gewann und anschließend seine erste Tournee durch Italien, Österreich und Frankreich unternahm. Inzwischen hat er zahlreiche renommierte internationale Klavierwettbewerbe gewonnen und hochrangige Auszeichnungen erhalten, zuletzt gewann 2011 den 1. Preis beim Internationalen Klavierwettbewerb „Top of the World“ in Tromsö/Norwegen.
Darüber hinaus ist Nosé bei vielen wichtigen Festivals aufgetreten und hat schon in allen berühmten Konzertsälen in Europa und überall auf der Welt gespielt. Nosé spielt als Solist sowie gemeinsam in Kammermusik-Formationen mit anderen herausragenden Künstlern und insbesondere mit den bekanntesten Orchestern der Welt unter den bedeutendsten Dirigenten.
Nosé hält inzwischen auch Meisterklassen ab, an diversen Musikhochschulen oder bei Festivals, so in Genf, New York oder Japan. Auch ist er ein gefragtes Jury-Mitglied bei wichtigen internationalen Klavierwettbewerben, so 2010 beim Chopin-Wettbewerb in Warschau.
Bemerkenswert sind seine zahlreichen CD-Einspielungen von Klavierwerken von Schumann, Prokofiev, Mozart, Beethoven oder Johann Christian Bach, die mit mehreren Preisen bedacht wurden und im öffentlichen Rundfunk oft zu hören sind.