1 | Klavierabend

William Youn, Klavier | SOLVAY GmbH 

Mozart ganz zart

Es ist bereits zur Tradition geworden, dass die Chopin-Gesellschaft Hannover ihr Auftaktkonzert eines neuen Konzertjahres in den Räumen der Firma Solvay und Abbott veranstaltet. So war es auch in diesem Jahr, als der junge koreanische Pianist William Youn mit einem sehr feinen und anspruchsvollen Programm die Freunde der zarten Klänge beeindruckte. Das Haus war trotz winterlicher Außentemperatur ausverkauft, ein Zeichen, dass die Gäste sich hier wohl fühlen und gerne kommen.

Mozart stand auf dem Programm, auch Schubert und Chopin. Mit Mozarts Sonate aus der Wiener Zeit, der Sonate B-Dur KV 570 verriet William Youn schon nach den ersten Takten seine Absicht, einen ernsten, ruhigen und bewegenden Mozart zu zeigen, wobei Heiterkeit, Witz und Charme durchaus vorhanden waren. Dennoch tauchte der Pianist mit großer Kultiviertheit und Eleganz in die Spiritualität der Musik dieses genialen Komponisten ein, der eben alle Stimmungen und menschlichen Regungen in seiner Musik vereint. Besonders deutlich ist dies bei der Sonate a-Moll KV 310 zu hören, die dramatischste und dunkelste der Mozartschen Sonaten. Technisch birgt sie große Herausforderungen, etwa durch die ständige Sechzehntelbewegung des 2. Themas im ersten Satz. Youn beherrschte sie mit Bravour, sein Spiel wirkte klar und ausgewogen in den Tempi und der Dynamik, niemals nüchtern oder akademisch. Man spürte, dass sich dieser Künstler tief auf Mozart eingelassen hat und man darf auf die Einspielung sämtlicher Mozartsonaten, die Young zu präsentieren beabsichtigt, gespannt sein.

Schubert schrieb seine drei Klavierstücke D 946 in seinem Todesjahr 1828. Sie gehören zu den anspruchsvollsten Werken der Klavierliteratur. Youn gestaltete diese lyrischen Lebensbekenntnisse eines zerrissenen Menschen mit viel Leidenschaft und Gespür für die Dramatik, die dieser ergreifenden Musik innewohnt. Seine Fähigkeit zur differenzierten Klanggestaltung war staunenswert und besonders in den melancholischen und gesanglichen Teilen war die Spannung so groß, dass man die sprichwörtliche Stecknadel hätte fallen hören. 

„Mit Chopin kommt man bei den Damen besser an als mit Mozart“. Diesen Satz soll der Pianist Arthur Rubinstein in einem Interview geäußert haben. Ob sich diese Aussage speziell auf die Damen bezieht oder ob es nur eine charmante Anekdote ist, bleibe dahingestellt. Auf jeden Fall bewegte an diesem Abend auch William Youn die Herzen seiner Zuhörer insbesondere durch seine feinfühlige Interpretation der Chopinschen Klaviermusik. Das Nocturne Des-Dur Op. 27, 2 überzeugte die Zuhörer ebenso wie seine von ganz eigenem Reiz geprägte Interpretation der Ballade Nr. 4 in f-Moll. Youn spielte lyrisch, nachdenklich und kam hiermit dem Charakter der Werke nahe. Das Publikum forderte zwei Zugaben und wurde mit Chopins bekanntem Walzer in cis-Moll und der von Liszt transkribierten Fassung des Schumann-Liedes „Die Widmung“ beschenkt. 

Ein schöner musikalischer Jahresbeginn, der Vorfreude auf die diesjährige Konzertreihe aufkommen lässt.

Okka Mallek
Hannover, 26.01.2014

William Youn

Der junge koreanische Pianist William Youn begann seine Karriere zunächst in den USA und Asien, seit einigen Jahren baut er seine Präsenz nun auch in Europa aus. Zu seinen Projekten gehören Konzerte in Häusern von Weltrang und Festivalauftritte von Berlin über Seoul bis New York. Im Dezember 2014 wird Youn unter Leitung von Lorin Maazel sein Debüt mit den Münchner Philharmonikern geben. Auf dem Programm stehen drei Konzerte in München mit Chopins 1. Klavierkonzert. 

Eine enge Zusammenarbeit verbindet Youn auch mit Nils Mönkemeyer, David Orlowsky, Veronika Eberle, Sunhae Im, Nicola Benedetti, Ye-Eun Choi und dem Kuss Quartett. Vermehrt tritt Youn auch am Hammerflügel auf wie beim Festival Mitte Europa oder dem Mozartfest Würzburg 2013. Zudem macht William Youn Rundfunkproduktionen in Deutschland bei den Sendern der ARD, international bei KBS Korea, in den USA beim National Public Radio Boston und beim Tschechischen Rundfunk. 

Seine Ausbildung begann der Kosmopolit Youn in Korea, mit 13 Jahren folgte der Wechsel nach Amerika ans New England Conservatory in Boston, mit 18 wechselte er erneut den Kontinent und ging an die Musikhochschule Hannover in die legendären Pianistenklasse von Karl-Heinz Kämmerling, später von Bernd Goetzke. Als Stipendiat der Piano Academy Lake Como arbeitete Youn regelmässig mit Künstlerpersönlichkeiten wie Dmitri Bashkirov, Andreas Staier, William Grant Naboré oder Menahem Pressler zusammen. William Youn ist mehrfacher Preisträger internationaler Wettbewerbe (Cleveland International Piano Competition, Concorso Internazionale Alessandro Casagrande, Shanghai Piano Competition, Busoni Wettbewerb Bozen, Concours Reine Elisabeth Brüssel). 2011 wurde er in seiner Wahlheimat München mit dem Bayerischen Kunstförderpreis geehrt. Seit 2012 engagiert sich Youn auch im Stiftungsrat der Wilhelm-Kempff-Kulturstiftung.

Programm 

Wolfgang Amadeus Mozart Sonate KV 570
Sonate KV 310
Franz Schubert Drei Klavierstücke D 946
Frédéric ChopinNocturne Op.27 Nr.2
Ballade Nr.4 Op.52