8 | Klavierabend

David Theodor Schmidt, Klavier | HANNOVER Rückversicherung


Eine musikalisch-literarische Soiree

Rund acht Jahre ist es her, dass der deutsche Pianist David Theodor Schmidt sich den begehrten Wettbewerbspreis einschließlich Publikumspreis der hannoverschen Chopin-Gesellschaft erspielt hat. Nun war er wieder da, immer noch jung, aber in der Musikszene kein Unbekannter mehr. Zahlreiche Solokonzerte führten ihn bereits auf große Podien und seine CD-Einspielungen sind ein beachtliches Dokument seines umfangreichen Könnens. Schmidt verzichtet auf brillante Effekthascherei, überzeugt stattdessen mit intelligent durchdachter Konzeption. Seine Spielbewegungen sind sparsam und jede Nuance seines technisch perfekten Spiels scheint sorgsam durchdacht. 

Literarisch unterlegt wurde der Klavierabend durch den Schauspielstudenten Marcel Zuschlag, der passend ausgewählte Texte mit viel Emphase und prägnantem Ausdruck rezitierte.

Nach Herders Schauerballade „Edward“ folgten die vier Balladen von Brahms, deren erste nach der literarischen Vorlage Herders komponiert wurde. Beide Künstler hielten sich an die Dramatik des Textes, wobei die etwas ungünstigen Lichtverhältnisse – die Vortragenden waren als Silhouette zu sehen – diesen Eindruck noch verstärkte. 

Petrarca, der bedeutende und einflussreiche italienische Dichter und Gelehrte schrieb hunderte von Sonetten, wobei sich das zweite, in dem er seiner Verehrung für eine geheimnisvolle Frauengestalt Ausdruck verleiht, besonders großer Beliebtheit erfreut. Franz Liszt vertonte drei dieser Sonette zu romantisch-schwärmerischen Tondichtungen und es war äußerst spannend, das zweite Sonett, Nr. 104, in Worten und Klängen zu erleben. Insgesamt war der Abend in ernste und dunkle Farben gehüllt. Selbst Bachs Kantatenchoral „Jesu bleibet meine Freude“ in der ergreifenden und genialen Transkription von Myra Hess, wurde verhalten dargeboten, obwohl der Cantus firmus, der so eindrucksvoll in allen Stimmlagen erscheint, Hoffnung und Freude verkündet.

Mit Texten von Schiller, Shakespeare, Goethe und mit transkribierten Werken von Johann Sebastian Bach ging der zweite Konzertteil weiter. Schmidt hat, wie seine Interviews bezeugen, eine besondere Vorliebe für Bach und gilt zu Recht als Kenner  der Klavierwerke Bachs. Seine Interpretation der Bach/Busoni Choräle „Wachet auf ruft uns die Stimme“ und „Ich ruf zu Dir, Herr Jesu Christ“ überzeugten mit einem Reichtum an Klangfarben und ausgewogener Tongebung. Im Original sind diese Choräle für die obertonreiche Orgel komponiert, haben jedoch seit der legendären Interpretation durch Dinu Lipati einen festen Platz in der Klavierliteratur.

Die Chaconne aus der Partita d-Moll für Violine solo, ein virtuoses und bravouröses Meisterwerk, hat in der Übertragung für Klavier von Busoni eine besondere Bedeutung bekommen. In dieser Transkription werden alle Klangmöglichkeiten des Flügels ausgereizt. David Theodor Schmidt kostete mit viel Feingefühl die enormen Schattierungen aus, wobei die leider etwas zu gedämpfte Akustik des Saales die Klangfülle der Oktavpassagen nicht immer zur Geltung kommen ließ.

Mit Goethes Gedicht „Zum neuen Jahr“ verabschiedeten sich die jungen Künstler, doch der herzliche Applaus lockte noch die sehr innig und zart vorgetragene Sarabande aus Bachs erster Partita für Klavier hervor, diesmal im Original.

Eine schöne und nützliche Tradition der Chopin-Gesellschaft ist es, dass das letzte Konzert des Jahres, das Adventskonzert, am folgenden Tag als Benefizkonzert für die Aktion „Weihnachtshilfe“ wiederholt wird.

Okka Mallek
Hannover, 30.11.2014

Klavier: David Theodor Schmidt

Die Süddeutsche Zeitung bezeichnet ihn als den „neuen Schwarm aller Klavierbegeisterten“, die Financial Times Deutschland nennt sein Spiel ein „Klangerlebnis“ und das Fachmagazin Rondo urteilt kurz und bündig: „Meisterlich. Packend, ja, ergreifend. Großartig.“: Der deutsche Pianist David Theodor Schmidt, Jahrgang 1982, gehört zu den Musikern der jungen Generation, die bereits große Anerkennung in der Musikwelt genießen.

Geboren in Erlangen, studierte er zunächst in Karlsruhe bei Sontraud Speidel und später am Royal College of Music London bei Kevin Kenner. Er ist Preisträger und Stipendiat bedeutender Organisationen, wie des DAAD, der Zeit-Stiftung (in der deutschen Stiftung Musikleben), der Mozart Gesellschaft Dortmund und der Chopin Gesellschaft Hannover. Im November 2009 wurde ihm der renommierte Bayerische Kunstförderpreis des Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst verliehen, dem 2011 auch der Kulturförderpreis des Bezirks Mittelfranken folgte.

Schmidt geht einer regen Konzerttätigkeit nach, die zu Einladungen zu Rezitals wie auch Orchesterkonzerten in bedeutende Säle in Deutschland und dem europäischen Ausland führte. Dazu zählen das Konzerthaus Berlin, der Gasteig München, das Konzerthaus Dortmund, das Gewandhaus zu Leipzig und das Tschaikowsky Konservatorium Moskau ebenso wie renommierte Festivals, u.a. die Schubertiade Schwarzenberg/Hohenems, die Ansbacher Bachwoche, die Thüringer Bachwochen und das Piano aux Jacobins Festival in Toulouse. Seine Auftritte werden von der Presse enthusiastisch aufgenommen, so hebt beispielsweise die Zeitung Molwa (Russland) „seine hohe Kultur als Pianist, seine Reife, seine glänzende Technik und Vielfalt pianistischer Ausdrucksmöglichkeiten“ hervor.

Das Konzert im November 2014 wird, wie in den Vorjahren auch, am Folgetag zugunsten der HAZ-Weihnachtshilfe wiederholt, und zwar um 18.00 Uhr am selben Ort.

Sprecher: Marcel Zuschlag

Marcel Zuschlag, geb. 1993, ist Studierender im Fach Schauspiel im 2. Studienjahr an der Hochschule für Theater, Medien und Musik Hannover.

Programm

Musik & Poesie

4 Brahms Balladen op. 10 
Liszt: Petrarca Sonett Nr. 104
Bach/Hess: Jesu, Joy of Man’s Desiring (Jesus bleibet meine Freude)
Bach/Kempff: Sinfonia D-Dur
Bach/Busoni: Wachet auf ruft uns die Stimme
Bach/Busoni: Ich ruf zu Dir, Herr Jesu Christ
Bach/Busoni: Chaconne