1 | Klavierabend

Aleksandr Shaikin - SOLVAY GmbH

Mit romantischen Klavierklängen ins neue Jahr

In ihrem ersten Konzert des neuen Jahres bewies die jüngst für ihre „Verdienste um die polnische Kultur“ ausgezeichnete Chopin-Gesellschaft Hannover, dass sie diese Würdigung zu Recht verdient. Die Auswahl der jungen Interpreten, die durch die Chopin-Gesellschaft Auftrittsmöglichkeiten und Förderung erfahren, ist vielseitig und immer wieder spannend zu beobachten.

Zum Auftakt in das neue Jahr war der russische Pianist Aleksandr Shaikin eingeladen, im Foyer der Solvay GmbH einen Soloabend zu gestalten. Nach dem Studium an solch renommierten Instituten wie dem Moskauer Tschaikowsky-Konservatorium und dem Salzburger Mozarteum ist Shaikin bestens vorbereitet, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren, was ihm in Hannover vor zahlreichen Musikliebhabern auch gelungen ist. Shaikin ist zweiter Preisträger des Gezá Anda Wettbewerbes, einem der wichtigsten Sprungbretter für eine pianistische Karriere.

Mit Chopins Sonate Nr. 3, h-moll und Schuberts Spätwerk, der Sonate Nr. 21, B-Dur hatte sich der junge Russe allerdings viel vorgenommen. Immerhin ist die pianistische Bewältigung dieses Programms durchaus schon eine grandiose Leistung. Shaikin bewies in beiden Werken großes Können und, von geringfügigen Konzentrationsschwächen abgesehen, akkurate Arbeit. Ein ausgemachter Tastenzauberer war hier aber nicht am Werk, eher der verhaltene, feinfühlige Gestalter. Fast etwas schüchtern und unentschlossen ging er an die großen Werke heran. Die einleitenden Nocturnes op. 48 von Chopin vertragen diese Zurückhaltung, sie leiteten leicht, luftig und stimmungsvoll den Abend ein.
Die großartige und äußerst konzertant angelegte h-moll Sonate von Chopin hätte eine kraftvollere Herangehensweise vertragen. Allein das majestätische Anfangsmotiv und die darauf folgenden Akkorde, die das gesangliche 2. Thema vorbereiten, wirkten eher zurückgenommen als fordernd. Sehr klangvoll und transparent gelang das Finale, ein aufwühlendes, allerdings etwas zu kontrolliertes Agitato, das dennoch manchen Zuhörer staunen ließ.

Die drei Sonaten Nr. 19, 20 und 21 von Franz Schubert entstanden in den letzten Lebensmonaten des Komponisten. In ihnen manifestiert sich Schuberts große Bewunderung für Beethoven, aus dessen Schatten er sich zu Lebzeiten nie befreien konnte. Erst spät wurde die Bedeutung und Reife dieser Sonaten erkannt und es gibt zahlreiche Einspielungen namhafter Interpreten, besonders der großen B-Dur Sonate, die auch Aleksandr Shaikin zu Gehör brachte. Hier offenbarte sich der Pianist als bekennender Kammermusiker. Shaikin, der ein eigenes Klaviertrio gegründet hat, ging sehr besonnen, mit viel Einfühlungsvermögen und eher kammermusikalisch als solistisch an dieses Werk heran. Auch hier gab es keine schillernden Raffinessen, sondern pure Musik. Die Phrasierungen spannte er weit, wobei das Metrum oft etwas starr blieb. Insgesamt aber eine sehr schlüssige Interpretation und viel Applaus.

Okka Mallek
Hannover, 24.01.2016 

Aleksandr Shaikin

wurde 1987 in Russland geboren. 2002 trat er in die Gnessin-Spezialschule ein, wo er die Klasse von Anna Arzamanova besuchte. 2005 setzte er sein Studium am Moskauer Tschaikowsky-Konservatorium bei Prof. Elisso Virsaladzé fort und schloss dieses 2010 ab. Es folgten Nachdiplom-Kurse bei Prof. Elisso Virsaladzé in Moskau und bei Prof. Pavel Gililov am Salzburger Mozarteum (2013-2015).

Seit 2006 hat er zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen und Preise bekommen; u.a. beim Gubaidulina-Klavierwettbewerb in Kazan, beim Almaty-Wettbewerb in Kasachstan, beim Zuloaga-Klavierwettbewerb in Valladolid und beim George Thymis-Klavierwettbewerb in Thessaloniki. In Zürich gewann er im Juni 2015 den 2. Preis beim prestigereichen Concours Géza Anda. 

Seine Affinität zur Kammermusik unterstreicht Shaikin mit der Gründung eines eigenen Klaviertrios unter dem Namen „Aleksandr“, das durch Preise bei den Kammermusikwettbewerben von Graz (2012), Kaluga (2011) und Moskau (2011) ausgezeichnet wurde. Er gab Klavier-Rezitale in verschiedenen renommierten russischen Konzertsälen, aber auch in Deutschland, Oesterreich, Italien, Spanien, Griechenland, der Schweiz, Kasachstan, Estland, Ukraine und Azerbaijan.

Als Solist war er bisher mit dem Staatlichen Svetlanov-Orchester, der Moskauer Philharmonie, den Sinfonieorchestern von Yaroslavl, Orel, Thessaloniki, Valladolid, Almaty sowie dem Musikkollegium Winterthur und dem Tonhalle-Orchester Zürich zu hören.

In Verbindung mit seinem zweiten Preis in Zürich hat er im September 2015 sein Debüt beim Septembre Musical, Montreux, mit Gershwins Klavierkonzert in F-Dur im Strawinsky-Auditorium in Begleitung der European Philharmonic of Switzerland unter John Fiore gegeben.

Programm

Frédéric Chopin2 Nocturnes op. 48
Sonate Nr. 3 h-Moll op. 58
Franz SchubertSonate Nr. 21 B-Dur D 960