6 | Klavierabend

Lukas Krupinski - Talanx AG

Symphonisch, poetisch, fantasievoll – polnischer Pianist im Glashaus. 

Kontraste sind oft verwirrend, aber immer beeindruckend. Statt in französischen Salons, in denen einst Chopin sein Publikum zu Tränen rührte, gestaltete der polnische Pianist Lukas Krupinski im nüchternen, funktional und mit kühlem Neon beleuchteten Raum der Talanx AG einen Klavierabend mit Werken von Mozart, Schumann und Chopin. Ein Abtauchen in die Welt der Wiener Klassik und der Romantik wirkte in der imposanten zeitgenössischen Architektur wie ein Anachronismus, machte aber auch deutlich, wie selbstverständlich sich die Werke der großen Meister in die Zukunft transportieren lassen.

In seiner Begrüßung erläuterte der Vorstand des Hauses, Herr Dr. Christian Hinsch, die komplexe Struktur des Konzerns und erwähnte die vielfältigen Aufgabenbereiche der zahlreichen Mitarbeiter. Die Präsidentin der Chopin-Gesellschaft Hannover, Frau Sookie Schober, bedankte sich für die Gelegenheit, bereits zum zweiten Mal im Hause der Talanx AG einen Konzertabend veranstalten zu dürfen und kündigte mit verheißungsvollen Worten den Solisten des Abends, Lukas Krupinski, an. Zahlreiche Preise gewann der junge Künstler bereits, darunter den 1. Preis des Wettbewerbs der Chopin-Gesellschaft Hannover im vergangenen Jahr. Somit waren die Erwartungen hoch, aber schon nach wenigen Takten war klar, dass wohl niemand enttäuscht wird.

Mit der schlicht anmutenden d-Moll Fantasie KV 397 von Wolfgang Amadeus Mozart konnte der Zuhörer ein bedeutendes Meisterwerk bestaunen. Obwohl fast jeder fortgeschrittene Klavierschüler dieses Stück studiert, ist es dennoch großen Könnern vorbehalten, den komplexen klanglichen und seelischen Gehalt dieses musikalischen Kleinodes heraus zu kristallisieren. Krupinski spielte nuancenreich und beleuchtete die vielen Facetten dieses kurzen Fantasiegebildes mit sehr viel musikalischem Gespür.

Die Barcarolle Fis-Dur op. 60 und die Polonaise-Fantasie As-Dur op. 61 von Chopin benötigen weitaus mehr technisches Rüstzeug als die Mozart-Fantasie. Hier konnte der Pianist sein virtuoses Können, das immer im Dienst der Klanggestaltung stand, beweisen. Mit ausgefeilter Dynamik, sauberer Pedalisierung und in angemessenen Tempi führte Krupinski die Zuhörer durch die wiegenden Klänge der Barcarolle mit ihrem schlichten Anfangsmotiv und den zahlreichen Modulationen bis hin zu vollgriffigen Schlussakkorden. Ein Klavierspiel voller Spannung und Bravour.

In der Pause gab es im gigantischen, glasüberdachten Atrium des Gebäudes Gelegenheit zu Gesprächen bei einem Glas Wein, bevor mit Schumanns zwölf symphonischen Etüden op. 13 der Abend seinen Abschuss fand. Mit technischer und musikalischer Brillanz führte Krupinski den Hörer durch die klangliche Pracht und stilistische Vielfalt der zwölf fantasievollen Variationen. Vom eingängigen Anfangsthema über virtuoses, aufwühlendes Agitato bis hin zum abschließenden orchestralen Allegro behielten die Etüden, trotz ihrer unterschiedlichen charakterlichen Stimmungen, immer etwas schwebendes, transparentes. Mit glänzend polierten Tönen, perlenden Läufen und detailscharf ausbalanciert, konnte sich Krupinski als einer der hervorragenden Pianisten seiner Generation behaupten. Mit zwei Zugaben, der Arpeggien-Etüde op. 10, Nr. 11 von Chopin und einer weiteren Etüde von Schumann, die nicht im Zyklus von Opus 13 aufgenommen ist, verabschiedete sich der sympathische Künstler. 

Okka Mallek
Hannover, 24. 09. 2016

Lukas Krupinski 

wurde 1992 in Warschau geboren und begann bereits im Alter von fünf Jahren den Klavierunterricht. Zunächst absolvierte die Zenon-Brzewski-Musikschule bei Professor Joanna Lawrynowicz. Heute ist er Student des 3. Studienjahres an der Frederic-Chopin-Musikhochschule in Warschau bei Professor Alicja Paleta-Bugaj und Dr. Konrad Skolarski. Im Jahre 2015 war Lukas Halbfinalteilnehmer des 17. Internationalen Fréderic-Chopin-Klavierwettbewerbs in Warschau.

Er gewann viele internationale Musikwettbewerbe, darunter den 1. Preis im Internationalen Wettbewerb Slawischer Musik in Minsk (Weißrussland), den 3. Preis des 44. Allpolnischen Chopin-Klavierwettbewerbs in Warschau (2012), den 1. Preis beim Sibirischen Chopin-Klavierwettbewerb in Tomsk (Russland) (2013), wo er auch zwei ausserordentliche Preise erhielt, den 1. Preis beim 2014 Yamaha Music Foundation of Europe-Wettbewerb, den 2. Preis beim 46. Allpolnischen Fréderic-Chopin-Klavierwettbewerb in Warschau (2015) und, last but not least, den 1. Preis beim 15. Internationalen Klavierwettbewerb unserer Chopin-Gesellschaft Hannover (2015).

Der zweimalige Gewinner der Pro Polonia Stiftung (2013, 2014) wurde ausgezeichnet vom Minister für Kultur und Nationales Erbe für hervorragende Leistungen in der künstlerischen Tätigkeit (2013, 2014) und ist Stipendiat der Krystian Zimerman Stiftung (2015).

Lukas Krupinski hatte bereits zahlreiche Konzertauftritte in Polen, Weißrussland, Litauen, Belgien, Norwegen, Deutschland, Spanien, Großbritannien, Russland, China und Australien.

Programm

Robert SchumannZwölf symphonische Etüden op. 13
W. A. Mozart Fantasie d-Moll K. 397
Frédéric Chopin Barcarolle Fis-Dur op. 60
Polonaise-Fantaisie As-Dur op. 61