1 | Klavier und Gesang

Sophia Körber, Sopran; Elisabeth Brauß, Klavier - SOLVAY GmbH

Im Schwebezustand – romantische Miniaturen in Wort und Ton

Ein Blick auf das vielversprechende Jahresprogramm der Chopin-Gesellschaft Hannover weckt angesichts seiner Fülle große Erwartungen. Nun war bereits das erste Konzert des neuen Jahres ein großer Erfolg und man darf auf weitere musikalische Ereignisse gespannt sein. 

Zwei hervorragende junge Künstlerinnen gestalteten den musikalischen Start, der traditionsgemäß im Foyer der Firma Solvay stattfand. Die hochtalentierte Pianistin Elisabeth Brauß, gebürtige Hannoveranerin, und die fabelhafte Sopranistin Sophia Körber sorgten für einen kurzweiligen, spannungsreichen Abend mit einer sehr sorgfältigen Auswahl von Liedern und Klavierwerken. 

Allein die Dramaturgie zielte auf große Wirkung. Mit dem programmatischen Titel „Ich schwebe“ stand der Abend unter einem besonderen Motto, und mit Konsequenz erfüllten die Interpretinnen ihre selbst gewählte Vorgabe. Bereits das erste dargebotene Lied aus dem italienischen Liederbuch von Hugo Wolf mit dem Titel „Auch kleine Dinge können uns entzücken“ kündigte an, dass es sich hier um einen Konzertabend mit Miniaturen handelt. Miniaturen, die auf kleinstem Raum ihre große Kraft entfalten. So reihten sich Meisterwerke aneinander, die von den ganz zentralen Empfindungen und Bedürfnissen sprechen, von Sehnsucht, Liebe, Schmerz und Abschied. Schumanns Liebeslied (Dir zu eröffnen mein Herz verlangt mich) oder Schuberts Suleika II (Ach, um deine feuchten Schwingen) oder auch Mozarts Abendempfindung sowie Solveigs Lied aus der Peer Gynt Suite von Edward Grieg durften nicht fehlen bei dieser so tief ausgeloteten Beschreibung der Seelenzustände. Sophia Körber verfügt über einen lupenreinen Sopran und die Fähigkeit, ihre Stimme effektvoll einzusetzen, wobei sie von Elisabeth Brauß einfühlsam begleitet wurde. So entstand eine wunderbare Klangmalerei, die sich wie ein behutsamer Dialog beider Künstlerinnen durch den Abend zog. 

Schumanns Nachtstücke, nach literarischer Vorlage von E.T.A. Hoffmann, oder auch die Jahreszeiten von Tschaikowsky, denen der Komponist jeweils ein Zitat eines russischen Poeten voranstellt, passten ausgesprochen gut als solistische Bereicherung in das Programm. Elisabeth Brauß spielte Teile dieser Zyklen und präsentierte sich als reife Klaviervirtuosin. Selbst das effektvolle dritte Nachtstück behielt trotz seiner wilden Motorik immer etwas Schwebendes, Transparentes. Auch mit einer glänzend dargebotenen Interpretation von Bachs Präludium und Fuge fis-Moll BWV 883 und Mozarts Sonate F-Dur KV 280, bei der das traumhaft schöne Adagio des zweiten Satzes eine geradezu feierliche Würde entfaltete, konnte die Pianistin sich als ein vielversprechendes Nachwuchstalent behaupten. Mit einer brillant hingehauchten Konzertetüde, La Leggeriezza von Franz Liszt, endete der Soloauftritt. Danach konnte sich das Publikum nochmals an der nuancenreichen Stimme von Sophia Körber erfreuen. Mit zarter Poesie und dennoch kraftvoll interpretierte diese großartige Sängerin Debussys Fantoches, ein weltliches Chanson nach einem Text von Paul Verlaine. Zum Abschluss passte vortrefflich das berührende Strausslied Ich schwebe. „Ich schwebe wie auf Engelsschwingen, die Erde kaum berührt mein Fuß“. Mit diesen Worten beginnt das Lied. Die Interpretinnen haben sich an diese Maxime des Abends gehalten und mit überirdisch zarten Klängen die Zuhörer verzaubert. Als Zugabe erklang Zemlinskys Blaues Sternlein. Danach entließen zwei bemerkenswerte Musikerinnen das mit viel Musik beschenkte Publikum in die kühle, sternenklare Nacht.

Okka Mallek
Hannover, 21.01.2017 

Die Künstlerinnen


Elisabeth Brauß, Klavier

Elisabeth Brauß wurde 1995 in Hannover geboren. Mit 5 Jahren wurde sie in die Klavierklasse von Dr. Elena Levit aufgenommen, von 2007- 2010 war sie Studentin am Institut zur Früh-Förderung musikalisch Hochbegabter der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover (HMTMH). Von 2008 bis 2010 war sie in Hannover Studentin in den Klavierklassen von Dr. Elena Levit und Prof. Matti Raekallio. Seit 2010 studiert sie an der HMTMH in der Klavierklasse von Prof. Bernd Goetzke. 

Elisabeth Brauß gastierte u.a. bereits  in der Hamburger Laeisz-Halle, am Konzerthaus Berlin, 
am Mariinksy Theater in St. Petersburg, beim Beethovenfest Bonn sowie bereits mehrfach beim Schleswig-Holstein-Musikfestival und den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern. Internationale Konzertreisen führten sie u.a. nach Norwegen, in die Ukraine, Usa, China und Taiwan. Als Solistin konzertierte sie mit Orchestern wie dem hr-Sinfonie-Orchester, der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen,  der NDR Radiophilharmonie, den Dortmunder Symphonikern, den Bochumern Symphonikern und dem Macao Youth Symphony Orchestra.

Neben ersten Preisen beim internationalen Steinway-Wettbewerb in Hamburg, beim internationalen Grotrian-Steinweg-Klavierwettbewerb in Braunschweig und beim Bundeswettbewerb Jugend Musiziert wurde ihr 2012 der Förderpreis des Prätorius Musikpreises Niedersachsen zugesprochen. Im August 2013 gewann sie beim TONALi Grand Prix in Hamburg den Haupt- und den Publikumspreis. Im Januar 2015 gewann sie den ersten Preis bei dem Wettbewerb „Ton und Erklärung“ in Frankfurt und spielte im Finale gemeinsam mit dem hr-Sinfonie-Orchester.

Für die Saison 2013/14 war sie Stipendiatin der Mozartgesellschaft Dortmund, 2014 erhielt sie ein Stipendium der Hans und Eugenia Jütting-Stiftung und ist seit 2014 außerdem Stipendiatin der Studienstiftung des Deutschen Volkes.


Sophia Körber, Sopran

Sophia Körber ist Preisträgerin des Bundeswettbewerbs Gesang Berlin 2014 und Gewinnerin des Internationalen Wettbewerbs „Giovani Musicisti“ in Treviso in der Kategorie Zeitgenössische Musik. Sie wird durch die Studienstiftung des deutschen Volkes und durch Yehudi Menuhin Live Music Now Hannover e.V. gefördert. 2015 erhielt sie ein Förderstipendium für Gesang durch die Walter und Charlotte Hamel-Stiftung. In Jugendjahren war sie Bundespreisträgerin bei „Jugend musiziert“ und zweifache Preisträgerin bei der Lotte-Lehmann-Woche in Perleberg.

Nach einem Bachelorgesangsstudium in Hannover und Florenz absolvierte Sophia Körber 2016 das Masterstudium für Operngesang bei Prof. Marina Sandel in Hannover. Sie war außerdem in der Liedklasse von Prof. Jan Philip Schulze. Derzeit setzt sie ihre Studien in der Soloklasse bei Prof. Marina Sandel fort. Besondere Impulse erhielt sie in Meisterkursen bei KS Prof. Brigitte Fassbaender, KS Prof. Roman Trekel, Prof. Ulrike Sonntag, Aribert Reimann, Peter Berne, Maria Husmann-Hein und Sarah Maria Sun.

Ihr Operndebüt gab sie bereits 2009 als Papagena in Mozarts Zauberflöte in Klein Leppin. 2014 wirkte sie als 1. Knabe in der Sommerproduktion der Zauberflöte in der Opernakademie Bad Orb mit. Sie sang im darauffolgenden Jahr die Partie der Maria Bellacanta in Hexe Hillary geht in die Oper am Theater Osnabrück. 2016 war sie als Nachtigall in L´enfant et les sortilèges in Hannover, als Erste Elfe in Rusalka auf Burg Warberg und als Bauernmädchen in Don Quichotte chez la Duchesse in Klein Leppin zu erleben. In dieser Spielzeit hatte sie erneut ein Gastengagement am Theater Osnabrück und sang die Partie der Quiteria in Don Quichotte auf der Hochzeit des Comacho.

Auch im Konzert- und Oratorienfach sowie im Bereich der Neuen Musik ist Sophia Körber aktiv: Sie sang unter der Leitung von Dirigenten wie Philipp Ahmann, Jörg Straube, Antonius Adamske, Martin Dietterle und Axel Kober und führte Werke von György Ligeti, Sir Harrison Birtwistle und Iris Szeghy auf. Aufnahmen und Rundfunksendungen beim BR, NDR Kultur und Deutschlandfunk dokumentieren ihre Konzerttätigkeiten. www.sophia-koerber.de


Programm

Robert Schumann
Liebeslied „Dir zu eröffnen mein Herz verlangt mich“
Edvard GriegSolveigs song
Franz Schubert
Suleika II „Ach, um deine feuchten Schwingen“
Dvorak/Fisher
Goin´home
Alexander Zemlinsky
Blaues Sternlein
Karol Szymanowski Das Lied der Welle aus Lieder der Märchenprinzessin
J. S. Bach
Präludium und Fuge fis-moll WTK II BWV 883
R. Schumann
aus den „Nachtstücken“ : No. 4, „Einfach“
P. I. Tschaikowskyaus den „Jahreszeiten“: Mai („Weisse Nächte“) und August („Die Ernte“)
W. A. MozartSonate F-Dur KV 280 Allegro assai – Adagio – Presto
Benjamin Britten
Seascape
Hugo Wolf
Auch kleine Dinge können uns entzücken
Erich Wolfgang Korngold
Welt ist stille eingeschlafen
Richard StraussIch schwebe