4 | Preis­träger­konzert

Mit Preisträgern unseres 16. Internationalen Klavierwettbewerbs 2017
- VHV Versicherungen

Die Auserwählten – Preisträgerkonzert mit Spitzenleistungen

Ein Wettbewerbserfolg ist fĂ¼r junge Musiker in mehrfacher Hinsicht ein Gewinn. Nicht nur die Bestätigung und Anerkennung der Leistung und die materielle Zuwendung, sondern auch die sich anschlieĂŸenden Konzertverpflichtungen sind ein positiver Effekt, denn wie der Volksmund schon sagt, ist der Applaus das Brot des KĂ¼nstlers, was selbstverständlich nur allegorisch zu verstehen ist. Applaus gab es bei dem diesjährigen Preisträgerkonzert des 16. internationalen Klavierwettbewerbs 2017, den die Chopin-Gesellschaft Hannover alle zwei Jahre ausrichtet, reichlich. Mit einem anspruchsvollen Programm eroberten sich drei KĂ¼nstler die Herzen des Publikums. 

Die SĂ¼dkoreanerin Lucia Mihyun Ahn leitete mit dem ersten Heft aus Schumanns DavidsbĂ¼ndlertänzen op. 6 den Abend ein. In diesen CharakterstĂ¼cken stehen sich zwei entgegengesetzte Pole in einem fiktiven Davidsbund gegenĂ¼ber. Mit makelloser Technik setzte die Pianistin die Schumannschen Stimmungsbilder in Szene. Auch mit dem brillanten und leidenschaftlichen Rondo Es-Dur op. 16 von Chopin glänzte diese sympathische KĂ¼nstlerin mit einem markanten Klang. Es verwundert nicht, dass ihr neben dem dritten Preis auch der Publikumspreis zugesprochen wurde.

Der Zweitplatzierte, ebenfalls in SĂ¼dkorea geborene, Sung-Jae Kim setzte mit Chopins Nocturne op. 62 Nr. 1 und mit Beethovens Waldsteinsonate den Abend fort. Mit einem nachdenklich und verträumt wirkenden Nocturne und einer stringent sich entfaltenden Waldsteinsonate lieĂŸ Sung-Jae Kim aufhorchen. Diese groĂŸangelegte Sonate mit orchestraler FĂ¼lle und gesanglichen Seitenthemen ist fĂ¼r jeden Virtuosen eine enorme Herausforderung. Sung-Jae Kim gelang eine atemberaubende Interpretation dieses hochkomplex angelegten dreisätzigen Werkes. Jedes Detail war akribisch ausgefeilt, jede musikalische Phrase sorgsam durchdacht und nie verlor dieses weiträumige, monumentale Werk an innerer Spannung.

Der Georgier Luka Okros konnte den ersten Preis des diesjährigen Chopinwettbewerbs erspielen. Er debĂ¼tierte bereits mit 18 Jahren in der Carnegie Hall und ist Preisträger vieler Wettbewerbe. Unter Okros Händen wird technische Bravour zu purer Musik und man glaubt, so und nicht anders geht Klavierspielen. Sein Spiel ist entwaffnend. Die vier Impromptus op. 90 von Schubert straffte er zu einem groĂŸen Komplex. Intensiv und fast zärtlich fächerte er sie zu einem filigranen Klanggebäude auf. Die typische Melancholie und Fragilität, die sich durch Schuberts Musik wie ein Faden zieht, bekam bei ihm eine schlichte Kontur. Perlende Läufe und melodische Phrasen gestaltete er ohne Erdenschwere, fast entrĂ¼ckt und hoch ästhetisch. 

In der ungarischen Rhapsodie Nr. 2, dieser exzessiven und virtuosen Klavierkomposition, kommt Liszts Liebe zur ungarischen Volksmusik und zu der temperamentvollen Csardas zum Ausdruck. Okras gestaltete dieses publikumswirksame Werk ohne vordergrĂ¼ndige Effekthascherei, fulminant und sehr dynamisch. Sein Spiel ist geprägt von Perfektion und GroĂŸzĂ¼gigkeit. Zwei Zugaben lieĂŸ dieser hervorragende KĂ¼nstler sich entlocken. Moment musical Nr. 4 von Rachmaninoff und Präludium BWV 855 von Joh. Seb. Bach in einer Transkription von Alexander Siloti. 

Der Schlussapplaus galt nochmals allen Interpreten fĂ¼r einen bemerkenswerten Klavierabend. 

Dann lud die VHV, als Gastgeber des Abends, zu einem sehr delikaten Fingerfood, bei dem das Erlebte noch in Gesprächen zwischen Gästen und KĂ¼nstlern nachklingen konnte. 

Okka Mallek
Hannover, 13.05.2017

Die KĂ¼nstler

Luka Okrostsvaridze

Geboren 1991 in Georgien, verzog Luca Okros (Okrostsvaridze) mit 13 Jahren 2004 nach Moskau, wo er am Tschaikowsky Konservatorium unter der Anleitung von Sergei Dorensky studierte und sein Bachelor-Examen ablegte. 2013 erlangte er ein volles Förderstipendium fĂ¼r einen Master-Studiengang am Royal College of Music in London, wo in der Klavierklasse von Norma Fisher studiert. Mit 18 Jahren gab Luca sein DebĂ¼t in den USA in der Carnegie Hall. DarĂ¼ber hinaus hat er auch schon in anderen bedeutenden Konzertsälen in den verschiedensten Ländern gespielt. In den letzten zwei Jahren gewann Luca mehr als zehn Preise bei internationalen Top Wettbewerben, zuletzt 2016 den 1. Preis beim IV. Klavierwettbewerb in Hongkong.

Lucia Mihyun Ahn

Geboren 1991 in SĂ¼dkorea, fing sie mit drei Jahren an, Klavier zu spielen, mit elf Jahren trat sie zum ersten Mal öffentlich auf. Mit 13 setzte sie ihr Klavierstudium in Frankreich fort, wo sie mit Auszeichnung graduierte, um danach an der Musikhochschule in Detmold ihren Bachelor mit Bestnoten zu machen. Seit 2014 studiert sie im Masterstudiengang bei Prof. Ewa Kupiec an der HMTMH mit Meisterkursen bei Germaine Mounier, Bernd Goetzke, Jerome Rose, Bruno Rigutto u.a. Sie ist Preisträgerin zahlreicher renommierter internationaler Klavier-Wettbewerbe und hat bereits gemeinsam mit verschiedenen Orchestern konzertiert. DarĂ¼ber hinaus gab sie Solokonzerte in Europa und Korea.

Sung-Jae Kim

Geboren 1990 in SĂ¼dkorea, erhielt er mit sechs Jahren ersten Klavierunterricht; mit 14 Jahren wurde er Jungstudent an der Musikhochschule in Frankfurt/Main. Seit 2008 studiert er in der Klavierklasse von Prof. Catherine Vickers, 2013 Diplom mit Auszeichnung. Seitdem kĂ¼nstlerische Ausbildung in der Solistenklasse. Meisterkurse u.a. bei Bernd Goetzke, Klaus Hellwig, Joan Havill und John Perry. Preisträger zahlreicher Klavierwettbewerbe. 2011 konzertierte er mit dem Hochschulorchester Frankfurt, 2014 war er auf Konzerttournee mit dem Landesjugendsinfonieorchester Hessen. Konzertauftritte u.a in SĂ¼dkorea, Japan, Spanien, Polen, Italien, England und in der Schweiz.