Claire Huangci, Klavier - Christuskirche
Konzert mit einem Preisträger des Concours Géza Anda 2018
Die Tastenstürmerin – Claire Huangci, preisgekrönte Pianistin in der Chopin-Gesellschaft Hannover
Als sie, 17-jährig, ihr Studium in Hannover begann, führte ihr Weg sie zur Chopin-Gesellschaft Hannover. Ein damals hochbegabter Teenager, der inzwischen zu einer Künstlerpersönlichkeit mit internationaler Anerkennung avanciert ist. Claire Huangci, US- amerikanische Pianistin chinesischer Abstammung, blieb der Chopin-Gesellschaft all die Jahre treu verbunden und folgte nun, als 1. Preisträgerin des renommierten Géza Anda Wettbewerbs Zürich, der Einladung, das traditionelle Adventskonzert in der Christuskirche zu gestalten.
Ein Energiebündel scheint diese zierliche, modern wirkende junge Frau zu sein. Flink sprang sie aufs Podium, testete kurz mit dem linken Fuß das digitale Notensystem des unauffällig platzierten Tablet und legte dann furios mit acht Sonaten des italienischen Komponisten Domenico Scarlatti los. Ein wahres Feuerwerk wurde entfacht. Virtuos, bis an die Grenze des Möglichen gehend, steigerten sich diese Blitzlichter aus Läufen, Sprüngen, Kreuzungen der Hände und Trillerketten zu einer musikalischen Raserei im besten Sinne. Wahrscheinlich hätte Scarlatti seine Freude daran gehabt, schließlich schrieb er über seine ca. 550 Sonaten „sie sind keine profunde Gelehrsamkeit, sondern heiteres, sinnreiches Spiel mit der Kunst“. Humorvoll, dynamisch differenziert und in überaus rasanten Tempi interpretierte die Pianistin diese originellen kurzen Meisterwerke. Ein wahres Wunder an Fingerfertigkeit!
Mit dem Nocturne c-Moll op. 48 und der 1. Ballade in g-Moll präsentierte Claire Huangci sich als ausdrucksstarke Chopininterpretin mit ausgeprägtem Sinn für die groß angelegte epische Form. Die Einzigartigkeit der Balladen, wie sie ausschließlich bei Chopin zu finden ist, ihre komplexe Struktur und musikalische Tiefe, kam in dieser berühmtesten seiner vier Balladen zum Ausdruck. Besonders bestach die Pianistin auch hier durch technische Bravour, die dem rasanten Finale mit doppelten Oktavten abverlangt wird.
Franz Liszt war nicht ausschließlich als Komponist virtuoser Klavierwerke berühmt, sondern auch als exzentrischer Pianist, der einen überwältigenden Eindruck bei seinem Publikum hinterließ. Mit der Ungarischen Rhapsodie Nr. 13 imponierte nun Claire Huangci ebenso, wie man es sich im aufkommenden Virtuosentum des 19. Jahrhunderts vorzustellen hat. Virtuosität, gepaart mit musikalischer Tiefe und klanglicher Vielfalt war hier zu erleben.
Mit spätromantischen Werken, ebenfalls aus dem Genre virtuoser Klavierstücke, beendete Claire Huangci ihren Abend. Rachmaninoffs Préludes standen auf dem Programm. Darunter auch sein berühmtes in cis-Moll und das markante in g-Moll. Vollgriffige Akkorde, pathetisches Klangvolumen und rhythmische Vielfältigkeit prägen diese pianistisch höchst anspruchsvollen Werke. Claire Huangci führte mühelos und ohne sichtbare Anstrengung durch den Abend, und wer gerne zu Hause noch mehr von dieser Ausnahmekünstlerin hören wollte, konnte ihre neue CD erwerben.
Mit zwei Zugaben von Friedrich Gulda, ebenfalls ein Pianist, der nicht selten für Furore sorgte bei seinen außergewöhnlichen Konzertauftritten, bedankte sich die Künstlerin für den jubelnden Applaus. Jetzt dürfen sich Musikfreunde auf das Konzertjahr 2019 freuen, in dem bestimmt wieder musikalische Sternstunden zu erwarten sind.
Okka Mallek
Hannover, 01.12.2018
Programm
Domenico Scarlatti | Vier Sonaten: Nr. 1 D-Dur Allegro K 443 |
Frédéric Chopin | Nocturne Nr. 13 c-Moll op. 48 Nr. 1 |
Ballade Nr. 1 g-Moll op. 23 | |
Franz Liszt | Ungarische Rhapsodie Nr. 13 S 244/13 Andante sostenuto |
Sergej Rachmaninow | Préludes: Morceaux de Fantaisie |
Prélude cis-Moll op. 3/2 | |
Préludes op. 23/1-7 | |
Préludes op. 32/4-6 |