8 | Klavier und Violine

Yeol Um Son und Svetlin Roussev vor gut gefüllten Rängen in der Orangerie Herrenhausen

Violine und Klavier – ein Konzertabend der Extraklasse 

Die für 2024 vorletzte Konzertveranstaltung der Chopin-Gesellschaft Hannover fand traditionsgemäß in der Orangerie Herrenhausen statt; zwei herausragende Künstler, das Ehepaar Yeol Eum Son (Klavier) und Svetlin Roussev (Violine) aus Paris, bescherten dem Publikum einen unvergesslichen Konzertabend der Extraklasse. In kongenialer Partnerschaft waren die beiden Künstler mit großen Werken der Violinliteratur des 19. Jahrhunderts zu hören. 

Den Abend eröffneten sie mit Richard Wagners „Träume“, Lied V der Wesendonck-Lieder in der Transkription für Violine und Klavier von Leopold Auer. Wagner nannte dieses Lied ausdrücklich „Studie zu Tristan und Isolde“ und führte es zu Mathilde Wesendoncks Geburtstag am 23. Dezember 1857 im Treppenhaus der benachbarten Villa Wesendonck in Zürich auf. Yeol Eum Son und Svetlin Roussev gelang es, die wunderbare romantische Stimmung dieses Stückes für alle spürbar werden zu lassen.

Der nächste Programmpunkt bildete Gabriel Faurés Violinsonate Nr. 1 A-Dur, op. 13; sie entstand in den Jahren 1875/76 und eröffnete eine neue Tradition dieser Gattung in der französischen Musik. Camille Saint-Saens verlieh seiner Begeisterung über dieses Werk seines Schülers und Freundes Ausdruck: „…mit diesem Werk hat sich Monsieur Fauré unter die Meister gesellt!“. Erstmals konnte man hier einen unverwechselbar französischen Ton in der Kammermusik hören, eine quasi-impressionistische Poesie der Klänge und der verschwebenden Harmonien. Von den vier Sätzen der Sonate ist der dritte, ein Scherzo, quicklebendig und ein geigerisches Kabinettstück; das folgende Finale ein Satz voll Kraft und Energie. Das Duo konnte hervorragend sein perfektes Zusammenspiel und kammermusikalisches Können zeigen. Die technischen Herausforderungen waren für beide Instrumente immens und wurden scheinbar mühelos von beiden Künstlern bewältigt.

Nach der Pause ging es weiter mit Peter Tschaikowskys „Souvenier d’un lieu cher“, op 42. „Erinnerung an einen lieben Ort“, so lautet die Übersetzung des Titels einer Sammlung dreier bezaubernder Stücke für Violine und Klavier. Gemeint ist der Landsitz Brailov in der heutigen Ukraine, auf dem Tschaikowsky den Mai 1878 in idyllischer Abgeschiedenheit bei seiner Mäzenin und Freundin Nedeschda von Meck verbrachte und seine Komposition vollendete. Diese drei Stücke sind in direkter zeitlicher Nähe zu seinem Violinkonzert entstanden und zeigen Tschaikowsky als unnachahmlichen romantischen Melodiker. Die beiden Solisten vermittelten den Eindruck eines beredten Dialogs zwischen ihren Instrumenten, der die wechselnde Stimmung der drei Stücke voll zum Ausdruck brachte. 

Ein viel beachtetes Werk ist Richard Strauss mit seiner einzigen Violinsonate Es-Dur, op. 18 gelungen. Erst 23-jährig komponierte er diese monumentale Sonate, die schon auf seine späteren symphonischen Werke hinweist. Themenreich ist der erste Satz mit zahlreichen chromatischen Modulationen, effektvoll der Finalsatz mit seiner geheimnisvollen Klaviereinleitung und improvisatorisch der Mittelsatz. Yeol Eum Son und Svetlin Roussev zogen mit ihrem souveränen Spiel das Publikum in ihren Bann. Mit zwei Zugaben bedankten sich beide Künstler für den langanhaltenden Beifall der begeisterten Zuhörer.  

Fritz Schuh
Hannover, 20. 10. 2024       


Die Künstler

Foto: Marco Borggreve

Yeol Eum Son

Die Pianistin Yeol Eum Son, Van Cliburn Preisträgerin 2009 und Silver Medal-Preisträgerin des XIV. Int. Tschaikowsky-Klavierwettbewerb 2011, Moskau (Neben der Silber-Medaille wurde die Künstlerin für die beste Aufführung eines Kammermusikkonzertes sowie für die herausragende Interpretation eines Auftragswerkes des Komponisten Rodion Shchedrin ausgezeichnet.), ist eine der talentiertesten Pianistinnen ihrer Generation.

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Svetlin Roussev, Violine

Der charismatische Geigenvirtuose Svetlin Roussev, der im Mai 2001 den ersten Preis beim vielbeachteten ersten internationalen Sendai-Wettbewerb gewann, hat eine angesehene internationale Karriere in vielen großen Konzertsälen der Welt hinter sich, wie: the Bolshoi Theatre and Tchaikovsky Hall in Moscow, Suntory Hal in Tokyo, Seoul Arts Center, Salle Pleyel, UNESCO, Théâtre des Champs Elysées, Théâtre du Châtelet, Cité de la Musique, Théâtre de la Ville in Paris, Bulgaria National Concert Hall, Budapest’s Béla Bartók National Concert Hall, Frankfurt’s Alte Oper, Konzerhaus in Berlin, Centro Cultural Kirchner in Buenos Aires, Palais des Beaux Arts de Bruxelles and the Palais of the United Nations in Geneva.

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Programm

Richard Wagner - Leopold Auer “Träume” (Transkription)
Gabriel FauréViolinsonate Nr. 1 A-Dur op. 13
Pyotr Ilych Tchaikovsky3 Stücke für Violine und Klavier - Souvenir d'un lieu cher
Richard Strauss Violinsonate Es-Dur op. 18

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