Unsere Veranstaltungen in 2009
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im Rittergut Remeringhausen

Brillant und Nobel – der Pianist Aimo Pagin
Text von: Okka Mallek
Hannover, 7. 6. 2009
Einen Konzertgenuss der gehobenen Klasse erlebten Mitglieder und Freunde der Chopin-Gesellschaft bei ihrem diesjährigen Picknickkonzert in ländlicher Umgebung. Das im Stil der Weserrenaissance erbaute und hervorragend restaurierte Rittergut Remeringhausen bot den geeigneten Rahmen für eine Klaviermatinée mit anschließendem Büfett, welches nicht, wie erhofft, unter freiem Himmel, sondern in einer großen Scheune die Gäste erfreute.
Der französische Pianist Aimo Pagin begeisterte sein Publikum durch feinsinnige, subtile Interpretation. Bereits in Mozarts d-Moll Fantasie verriet der Künstler Noblesse und ästhetisches Klangempfinden.
Die dritte Sonate von Johannes Brahms in f-Moll, fünfsätzig und von symphonischem Ausmaß, ist nicht leicht zugänglich, doch Pagin verstand es, die Architektur dieses monumentalen Werkes zu veranschaulichen. Rezitierend und ausgewogen gestaltete er das Kernstück dieser Sonate, den langsamen zweiten Satz. Erfrischend und tänzerisch nahm er das Scherzo, als Gesamteindruck sehr überzeugend und von großem pianistischen Können.
Mit Johann Sebastian Bachs Präludium und Fuge h-Moll aus dem ersten Band des wohltemperierten Klaviers hat Aimo Pagin eine intelligente Programmauswahl getroffen. Die imitierenden Melodiestimmen des traumhaft schönen Präludiums, fast schon eine Triosonate, wurden kristallklar und ausgewogen hörbar. Der schmerzliche Ausdruck der Fuge mit ihrer klagenden chromatischen Bewegung und besänftigenden Zwischenspielen wurde unter den Händen des Künstlers zu einer Offenbarung und zeugte von großer musikalischer und geistiger Reife.
Beethovens Klaviersonate Op.110 in As-Dur bildete einen weiteren Höhepunkt des Konzertprogramms. Pagin glänzte auch hier durch differenzierte Anschlagsdynamik und fein abgestimmte Agogik. Das Adagio des zweiten Satzes wirkte wie ein formvollendetes Instrumentalrezitativ und führte spannungsreich in die grandiose Fuge. Der herzliche Applaus wurde belohnt mit Chopins Etüde Op.10, Nr.12, der sogenannten Revolutionsetüde und dem Walzer in a-Moll, ebenfalls von Chopin.
Ein so sympathischer und hervorragender Künstler wie Aimo Pagin sollte in den großen Konzertsälen einen festen Platz haben.
Aimo Pagin wurde 1983 in einer Musikerfamilie geboren und begann mit sieben Jahren seine Klavierausbildung am Konservatorium in Strassburg; danach studierte er am Konservatorium in Colmar bei Prof. Rena Shereshevskya, wo er die Diplomprüfung in Klavier, Musiktheorie und Kammermusik mit großem Erfolg ablegte. Ab 2001 besuchte er dann in Genf für drei Jahre das Conservatoire Supérieur de Musique, wo er bei Prof. Dominique Merlet sein Diplom als Konzertpianist mit Auszeichnung erwarb. Seine Ausbildung wurde abgerundet durch weiteren Unterricht in den USA bei dem berühmten Klavierpädagogen Leon Fleisher sowie durch zahlreiche Meisterkurse bei bedeutenden Klavierkünstlern, z. B. bei Radu Lupu, Murray Perahia, Andras Schiff, Maria Tipo, John Corigliano und anderen. Aimo Pagin hat zahlreiche Preise und Auszeichnungen bei nationalen und internationalen Klavierwettbewerben gewonnen, so mit 14 Jahren den ersten Preis beim französischen Musikwettbewerb in Paris, ab 2005 verschiedene Preise in Italien sowie beim italienischen Fernsehen RAI und 2007 in Spanien beim internationalen Ferrol Klavierwettbewerb.
Darüber hinaus spielte Aimo Pagin bereits in den bekanntesten Konzertsälen Europas und der USA, so auch in der Carnegie Hall New York, im Concertgebouw Amsterdam, im Beethoven-Haus Bonn oder in der Societa dei Concerti in Mailand. Bei renommierten Festivals war er zu Gast: so in Paris beim Chopin-Festival, Montpellier, Cap Ferrat, in Armagnac, Holland und Argentinien. Bei der Chopin-Gesellschaft Hannover ist er im Februar 2008 mit größtem Erfolg aufgetreten. Kammermusikalische Erfahrung erwarb er in gemeinsamen Konzerten mit der Cellistin Sonja Wieder-Atherthon in zahlreichen europäischen Städten sowie mit seiner Mutter, der bekannten Violinistin Silvia Marcovici, mit der er verschiedentlich Mendelssohns Doppelkonzert zusammen mit den Bukarester Philharmonikern zu Gehör brachte. Nach seinem phänomenalen Auftritt mit dem Symphonie Orchester Berlin und Liszt erstem Klavierkonzert hat David Zinman von der Tonhalle Zürich ihn jetzt dorthin zu einem gemeinsamen Konzert eingeladen.