24. Februar 2023 – HAZ

„Es geht nicht nur um den ersten Preis“

Bernd Goetzke ist einer der großen Pädagogen der Klavierwelt – und am Sonnabend Juror beim Wettbewerb der Chopin-Gesellschaft Hannover. Was verspricht er sich davon?

Von Stefan Arndt


„Wir stecken noch mitten drin in einem Generationenwechsel“: Bernd Goetzke lehrt seit 1982 in Hannover.
FOTO: MARTIN STEINER (ARCHIV)

Herr Goetzke, der Wettbewerb Chopin-Gesellschaft, der hier am Sonnabend ausgetragen wird, soll den Siegerinnen und Siegern unter anderem ermöglichen, an größeren Wettbewerben teilzunehmen. Ist das eine gute Idee?
Eine sehr gute Idee! Wenn man mit der richtigen Einstellung zu den richtigen richtigen Wettbewerben fährt, kann man enorm von ihnen profitieren. Auch wenn kein erster Preis herausspringt – eine gute Vorbereitung wird über das aktuelle Ziel hinaus weiterwirken. Die Teilnahme an großen Wettbewerben bringt allerdings erhebliche Kosten mit sich, das muss man sich erst mal leisten können. Unser hannoverscher Chopin-Wettbewerb gehört in die Kategorie „klein, aber sehr fein“. Er ist von idealistischem Geist getragen, und es geht um nachhaltige Förderung über den Moment des Finales hinaus.

Sie erwähnen die richtigen Wettbewerbe. Gibt es auch die falschen? 
Es könnte zumindest ein paar weniger davon geben. Nicht alle sind professionell gemanagt oder erscheinen sinnvoll konzipiert. Da rate ich auch schon mal von einer Teilnahme ab.

Gelegentlich ist zu hören, der Konzertmarkt und die Welt der Musikwettbewerbe hätten sich weitgehend entkoppelt. Stimmt das?
Das kann man so allgemein nicht behaupten. Ich kenne zu viele positive Gegenbeispiele, wobei das individuelle Engagement der jeweiligen Wettbewerbsleitung eine entscheidende Rolle spielt. Durch die enorme Zahl der Wettbewerbe könnte allerdings der Prozentsatz der tatsächlich in den Konzertmarkt hineinwirkenden Wettbewerbe gesunken sein.

Warum hat Hannover trotz seiner über viele Jahrzehnte außergewöhnlich erfolgreichen Klavierausbildung einen großen Geigen-, aber nur einen kleinen Klavierwettbewerb?
Dafür braucht es eine treibende Kraft, ein großes Team, Sponsoren, Partner und vieles mehr. Vor 20 Jahren hatte ich sehr ernsthaft über ein Pendant zum Joachim-Wettbewerb nachgedacht, mit der Musikhochschule im Zentrum, natürlich auch noch mit einer Nachwuchskategorie. Ich war schon sehr weit damit gekommen, aber das Projekt hörte nicht auf zu wachsen. Ich hätte mich total darauf konzentrieren müssen, und das hätte ich nicht langfristig garantieren können. Aber vielleicht kommt mal jemand anders, der das in die Hand nimmt.

An der Hochschule ist der Generationenwechsel in der Klavierabteilung ja wohl bald abgeschlossen. Ist er gelungen? Werden auch künftig viele Wettbewerbsgewinner hier studiert haben?
Wir stecken noch mitten drin in diesem Generationenwechsel. Dies ist ein langer und ziemlich komplizierter Prozess. Den Verantwortlichen muss man da gute Entscheidungen wünschen, dann ist alles möglich! Fragen Sie doch in fünf Jahren noch mal nach.

Zur Person

Bernd Goetzke ist 1951 in Hannover geboren und war Schüler des Klavierpädagogen Karl-Heinz Kämmerling und des Pianisten Arturo Benedetti Michelangeli. Ab 1982 hat er selbst als Klavierprofessor an der hannoverschen Musikhochschule gelehrt, an der er seit seiner Emeritierung noch einen Lehrauftrag hat. Er gehört zu den Juroren des 18. Internationalen Klavierwettbewerbs der Chopin-Gesellschaft Hannover, der am Sonnabend, 25. Februar, im Richard-Jakoby-Saal der Hochschule für Musik. Theater und Medien Hannover, Neues Haus 1, ausgetragen wird. Das Vorspiel ist öffentlich und beginnt um 16 Uhr.