2 | Klavier­abend mit Adam Laloum

In der Ruhe liegt die Kraft – Adam Laloums eindrucksvoller Klavierabend bei der Chopin-Gesellschaft

In der Ruhe liegt die Kraft – Adam Laloums eindrucksvoller Klavierabend bei der Chopin-Gesellschaft

Nein, er ist kein vordergründiger Tastenlöwe, der mit großem Getöse das Publikum erobern will. Er wirkt höflich-zurückhaltend, feinsinnig und sehr ernsthaft. Der französische Pianist Adam Laloum. Die Chopin-Gesellschaft Hannover hatte ihn eingeladen, in den Räumen der HDI-Versicherung AG einen Klavierabend zu geben.  

Laloums Spiel zeichnet sich durch Poesie und Kantabilität aus. Bei ihm singt jede Phrase, leuchten alle Stimmen in dezenten Farben. Mit bewundernswerter Ruhe und innerer Spannung lässt er selbst virtuose Läufe und Sprünge lediglich zu kurzem Blitzlichtgewitter aufleuchten, um sich sogleich wieder in den kompositorischen Inhalt zu vertiefen.

Mit den späten Sonaten von Franz Schubert hat Laloum offensichtlich seine Ausdruckssprache gefunden. Die tiefe Melancholie, das scheinbar uferlose Ausschweifen der Themen, die anrührende Menschlichkeit und Verletzbarkeit in Schuberts Musik bekommen unter den Händen von Laloum weiche Konturen und eine große Dramatik. In seinem letzten Lebensjahr, 1828, schuf Schubert seine letzten drei Sonaten, in denen eine Huldigung des von ihm so verehrten Komponisten Beethoven unverkennbar ist. Die große A-Dur Sonate mit ihrem ergreifenden Andantino und die B-Dur Sonate, die in ihren ersten beiden Sätzen eine thematische Verwandtschaft zu Schuberts Mignon-Lied aufweist, standen auf dem Programm.

Laloum schärft die Sinne für Details, nimmt schnellen Passagen alles Etüdenhafte. Die Musik fließt ohne Ecken und Kanten. Nichts wirkt bei ihm um des Effekts willen überzogen. Dadurch entfaltet sein Spiel einen gesanglich-rhethorischen Reichtum und eine große Klangwirkung. Die Spannung übertrug sich auf das Publikum, es war eine konzentrierte Stille und Aufmerksamkeit im Saal, die sich in frenetischem Applaus entlud.

Auch zwei Werke von Frédéric Chopin standen auf dem Programm. Die Fantasie f-Moll und die Polonaise-Fantasie As-Dur. Während die Fantasie mit ihrem majestätisch anmutenden Anfangsthema noch in einer schmerzlichen Stimmung bleibt, hebt sich die Polonaise-Fantasie triumphal und heroisch empor. Laloum hat auch in diesen Werken seine besondere Hinwendung zur detaillierten Ausgestaltung der musikalischen Phrasen deutlich gemacht. Nichts überließ er dem Zufall. Sein Spiel ist kontrolliert und immer von einer Aura der Ruhe umgeben. Hier liegt wohl seine größte Stärke.

Es war wieder ein Abend, der noch lange nachklingt.

Okka Mallek
Hannover, 24. 02. 2024

© Sony Music Entertainment

Adam Laloum

Adam Laloum, 1987 geboren, zählt zu den international herausragenden französischen Pianisten: 2009 gewann er den bedeutenden Clara-Haskil-Wettbewerb. 2017 wurde er bei den „Victoires de la Musique“ in Paris als „Instrumentalist des Jahres“ ausgezeichnet. Im Frühjahr 2018 erscheint die erste CD innerhalb eines langfristigen Exklusivvertrags bei Sony Classical. Seine musikalische Ausbildung begann Adam Laloum am Konservatorium seiner Heimatstadt Toulouse und setzte sie 2002 bei Michel Béroff am Conservatoire de Paris fort. Weitere Studien führten ihn ans Conservatoire National Supérieur de Musique et de Danse de Lyon. Schließlich nahm er Unterricht bei Evgeni Koroljov in Hamburg.

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Frédéric ChopinFantasie f-Moll op. 49
Franz SchubertKlaviersonate Nr. 20 A-Dur op. D 959
Frédéric ChopinPolonaise-Fantaisie As-Dur op. 60
Franz SchubertKlaviersonate Nr. 21 B-Dur op. D 960

Ausschnitt aus dem Konzert

Zugabe: Franz Schubert – Moments musicaux, op. 94 D. 780