3 | Klavier­abend­­ mit Anton Mejias

Eine musikalische Reise durch alle Tonarten – Anton Mejias und das wohltemperierte Klavier - in der Orangerie in Herrenhausen

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Eine musikalische Reise durch alle Tonarten – Anton Mejias und das wohltemperierte Klavier.


Endlich war das Problem mit dem pythagoreischen Komma überwunden! Als Andreas Werckmeister Ende des 17. Jahrhunderts die gleichschwebende Stimmung für Tasteninstrumente einführte, die alle 12 Töne einer Oktave in gleich große Halbtonschritte einteilte, war es möglich, in allen Tonarten zu komponieren. Bach war von dieser Idee so fasziniert, dass er zwei Bände mit jeweils 24 Präludien und Fugen in allen Tonarten komponierte, „Das wohltemperierte Klavier“. Ein monumentales Werk und eine große pianistische Herausforderung. Nur wenige Künstler führen es als Zyklus auf.

Die Chopin-Gesellschaft Hannover hat Anton Mejias für sich entdeckt und der hannoverschen Öffentlichkeit vorgestellt. Einen jungen Pianisten, der am Anfang seiner Karriere steht und von dem sein berühmter Lehrer Gary Graffman sagt, dass er als einer der großen Bachinterpreten unserer Zeit in Erinnerung bleiben könnte.

Diese Auffassung wird vermutlich jeder teilen, der den Klavierabend mit Anton Mejias in der Orangerie Herrenhausen gehört hat. Das wohltemperierte Klavier Band 2 von Johann Sebastian Bach stand auf dem Programm. 24 Präludien und Fugen. Eine Reise also durch alle Tonarten. Mejias Interpretation lässt keine Zweifel aufkommen und man hat das seltene Gefühl von absoluter Richtigkeit bei seinem Spiel. Bach wird zu einem überirdischen Ereignis, zu einer Mission. Das Faszinierende an Mejias ist seine Natürlichkeit. Er muss nicht experimentieren, keine Eigenheiten in das Werk legen, nicht überinterpretieren. Er spielt einfach einen puren, klangschönen Bach. Mit frappierender Fingertechnik, einer deutlichen formalen Struktur, rhythmischer Präzision und in jeder Hinsicht „stimmig“. Besonders geglückt war sein sparsamer und äußerst effektiver Pedalgebrauch. Bach hätte an der Möglichkeit, die der moderne Hammerflügel bietet, mit Sicherheit viel Freude gehabt.

Wie schwer es ist, die mehrstimmigen Fugen mit ihrer strengen kontrapunktischen Form zu lernen, ihre Themenvielfalt herauszukristallisieren und die teilweise virtuosen Präludien zu gestalten, ist kaum zu ermessen. Mejias hat mit großer Konzentration dieses monumentale Werk zu einem kurzweiligen Erlebnis werden lassen. Es gab keine Schwächen, keine Gedächtnislücken und keine Spur von Ermüdung.

Die aufmerksame Stille im Saal löste sich in anerkennenden Applaus auf. Zum Glück gab Mejias keine Zugabe. Nichts hätte gepasst. Mit der letzten Fuge in h-Moll war ein Punkt gesetzt und alles Weitere wäre überflüssig erschienen. Mit der Musik von Johann Sebastian Bach ist ja schon alles gesagt.

Okka Mallek
Hannover, 09.03.2024

Der Künstler

Foto: ©Jiyang Chen

Anton Mejias

Der 2001 in Helsinki geborene finnisch-kubanische Pianist Anton Mejias wurde von der finnischen Zeitung Aamulehti als ein Pianist beschrieben, dessen „exquisiteste Eigenschaft… seine Fähigkeit ist, in die Musik hineinzugehen und seine ganz eigene Klangwelt zu schaffen“. Er gab sein Rezitaldebüt im Alter von acht Jahren und wurde von Presse und Publikum für seine Auftritte in Klavierabenden und mit Orchestern auf der ganzen Welt gelobt.

Schon in jungen Jahren war Anton Mejias von der Musik J.S. Bachs inspiriert und fasziniert. Im Alter von zehn Jahren lernte er das gesamte Wohltemperierte Klavier, Buch I. Seitdem hat er die kompletten Französischen und Englischen Suiten, alle sechs Partitas sowie das Wohltemperierte Klavier, Buch II, in sein Repertoire aufgenommen.

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Programm

Johann Sebastian BachDas Wohltemperierte Klavier, 2. Teil