8 | Drei Salon-Konzerte

Kammermusikvariationen | Hardenbergsches Haus

Junge internationale Ensembles – zu Gast bei der Chopin Gesellschaft 

In drei Salon-Konzerten stellen sich Ensembles vor, die im renommierten Kammermusik-Masterprogramm an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover studieren. Die Professoren Oliver Wille, Markus Becker und Jan Philip Schulze unterrichten hier in den Fächern Streichquartett, Klavier-Kammermusik und Lied. Zahlreiche Preisträger sind aus dem Studiengang hervorgegangen, viele der jungen Ensembles musizieren bereits regelmäßig auf großen Festivals und in bedeutenden Musikzentren. Die wunderbare Architektonik des Hardenbergschen Hauses gibt den besonders persönlichen Rahmen für drei Konzerte mit unterschiedlichen Schwerpunkten:

Fredéric Chopin – wer sonst? – wird im ersten Konzert am Samstag um 18 Uhr geehrt: auch im Lied und in der Kammermusik hat er Bedeutendes geschaffen: die Cellosonate g-Moll op. 65, das Klavierkonzert e-Moll in der Bearbeitung für Klavier und Streichquartett und eine Auswahl aus Chopins Liedschaffen bilden die erste Station des Salon-Triathlons der jungen Ensembles im Hardenbergschen Haus. 

Am Sonntag um 11 Uhr gibt es ein echtes Kontrast-Programm: Klassik und Moderne stehen sich gegenüber, ergänzen sich, befragen sich. Immer wieder nehmen sich Komponisten unserer Zeit ihre Vorgänger der Klassik und Romatik zum Vorbild, sei es im ‚Grundton‘ oder durch wörtliches Zitieren. Im direkten Vergleich findet sich viel mehr Verbindendes, als wir zunächst erwarten. Die Professoren des Kammermusik-Instituts werden das Konzert moderierend begleiten.

Das Abschlußkonzert, am Sonntag um 17 Uhr, ist Ludwig van Beethoven gewidmet, der mit Streichquartetten, Klaviertrios und Liedern porträtiert wird: als vielleicht der Komponist, der sich von seinem frühen Schaffen bis zu den letzten Werken am stärksten und konsequentesten gewandelt hat.


Samstag: 
Hommage an Chopin (Lieder, Cellosonate, Klavierkonzert in der Fassung für Streichquartett und Klavier) 


Sonntag Vormittag: 
„Grenzgänge – Klassik und Moderne im Dialog“ 


Sonntag Nachmittag: 
Hommage an Beethoven
je ein Quartett, ein Trio und ein oder zwei Liedgruppen


Von der Wiener Klassik bis zur Gegenwart – eine musikalische Zeitreise.

Zum Abschluss der diesjährigen Konzertsaison veranstaltete die Chopin-Gesellschaft Hannover am Wochenende des 1. Advent drei Sonderkonzerte im Hardenbergschen Haus in Herrenhausen. Dreimal war der Saal des prachtvoll sanierten barocken Hauses ausverkauft. Kammermusik und Lied hieß das Motto der Konzertreihe. Werke von Beethoven bis zur Gegenwart wurden von Student/innen der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover ausnahmslos auf höchstem Niveau vorgetragen und spannend und informativ moderiert von Professoren, die das Fach Kammermusik und Liedbegleitung an der HMTMH lehren. Allein die Programmwahl in ihrer Vielfalt versprach Kurzweil und so konnten die Zuhörer sich an diesem regnerischen Novemberwochenende von den Perlen der Musikliteratur verwöhnen lassen.

Das erste Konzert war, mit Werken von Chopin, Schumann und Viardot, der romantischen Epoche gewidmet. Chopins polnische Lieder, ebenso wie einige seiner Mazurken in der Bearbeitung für Sopran und Klavier von Pauline Viardot, wurden von der Sopranistin Yilva Stenberg sehr facettenreich interpretiert und tadellos begleitet von Niki Liogka. 

Mit Chopins Sonate für Cello und Klavier op. 65, eines der wenigen Werke, die Chopin nicht ausschließlich für das Klavier schrieb, konnte die Cellistin Laura Moinian mit ihrem Klavierpartner Jamie Bergin brillieren. Beide bewältigten die enormen technischen und musikalischen Ansprüche dieses groß angelegten viersätzigen Werkes als makellos aufeinander eingespieltes Duo. 

Das Amelior Quartett studiert als Ensemble im Masterstudiengang Kammermusik und wurde hier durch die exzellente Pianistin Jihi Hwang ergänzt, um eines der bedeutendsten Werke der Kammermusik des 19. Jahrhunderts, Robert Schumanns Klavierquintett Es-Dur op. 44, zu Gehör zu bringen. Mit Hingabe und großer Spielfreude gelang den jungen Musiker/innen dieses monumentale Glanzstück, über das Clara Schumann, die spätere Widmungsträgerin, schon urteilte, es sei „äußerst brillant und effectvoll“. Virtuose Klavierpassagen und lyrische Themen der Streicher standen in ständigem Wechsel und mündeten wirkungsvoll im abschließenden Fugato. Ein genussvoller Kammermusikabend, der Vorfreude aus die weiteren Konzerte aufkommen ließ. 

Das zweite Konzert wurde als „Dialog Klassik und Modern“ betitelt und war, dank der aufschlussreichen Werkanalyse durch Prof. Becker, nicht nur ein Hörerlebnis, sondern auch eine Wissensbereicherung für diejenigen Zuhörer, die sich vielleicht noch nicht mit atonaler Musik beschäftigt haben. György Kurtágs Zwölf Mikroludien, hervorragend vom Quartett Berlin Tokyo dargeboten, ebenso wie Alban Bergs Vier Stücke für Klarinette und Klavier op. 5 mit Susanne Geuer, Klarinette und Masahiro Masumi, Klavier, und Lieder der 1952 geborenen finnischen Komponistin Kaija Saariaho, die von der Sopranistin Tina Lönnmark und ihrer Klavierpartnerin Aveline Gram grandios und überzeugend interpretiert wurden, bildeten den Dialog zu Schumanns Fantasiestücken für Klavier und Klarinette. 

Das Abschlusskonzert, eine „Hommage à Beethoven“ wurde von dem Cellisten Stanislas Kim und seiner Klavierpartnerin Marie-Rosa Günther mit Beethovens F-Dur Sonate für Klavier und Cello op. 5/1 eröffnet. Virtuos und zupackend gestalteten sie dieses, für beide Instrumente gleichermaßen anspruchsvolle, zweisätzige Werk. Vier Lieder, darunter das bekannte, launige Marmottenlied sowie Adelaide wurden von dem Tenor Uwe Gottswinter mit warmem Tembre wunderschön und sehr schlüssig deklamiert, wobei der Pianist Piotr Fidelus ihn kongenial am Flügel begleitete. Höhepunkt und Abschluss war das Streichquartett F-Dur op. 59/1. Hier konnte das Quartett Tokyo Berlin nochmals glänzen. Die Komplexität dieses bahnbrechenden Werkes, das zum Maßstab der Gattung Streichquartett werden sollte, wurde von allen vier Musiker/innen konzentriert und makellos dargeboten. Viel Beifall erhielten alle jungen Künstler/innen und ihre Mentoren.

Okka Mallek
Hannover, 29.11.2015