6 | Klavierabend

Roman Salyutov, Klavier | Talanx AG

Mehr als ein „Lückenbüßer“ – Der Pianist Roman Salyutov begeistert Klassikfreunde

Okka Mallek
Hannover, 29.09. 2013

Eigentlich sollte im diesjährigen 6. Konzert der Chopingesellschaft Eugene Choi auftreten. Da sie jedoch erkrankt war, wurde der 1984 geborene russische Pianist Roman Salyutov für dieses Konzert verpflichtet. Wie sich herausstellte, war er mehr als nur ein „Lückenbüßer“. Sein bravouröses und kraftvolles Spiel begeisterte zahlreiche Konzertbesucher, die sich in den imposanten Räumlichkeiten der Versicherungsgesellschaft Talanx Deutschland AG einfanden, um diesen vielseitigen Künstler zu hören. Salyutov, der nicht ausschließlich als konzertierender Pianist, sondern darüber hinaus als promovierter Musikwissenschaftler und Autor eines Buches über das Klavierschaffen César Francks erfolgreich ist, verfügt über eine erstaunliche Virtuosität. Mit Beethovens so genannter „Sturmsonate“ in d-Moll eröffnete er sein Konzertprogramm. Bereits der arpeggierte Anfangsakkord des ersten Satzes verriet eine eher intellektuelle Herangehensweise des Künstlers an dieses Werk. Die lyrische Ausgestaltung des zweiten und die Sechzehntelmotorik des dritten Satzes standen in schönem Kontrast zueinander und ließen den Hörer die Vollkommenheit dieser bereits in die Romantik weisenden Sonate nachempfinden.

Man kann vermuten, dass Salyutov die zwei Impromptus von Schubert in Ges-Dur und As-Dur absichtlich nach Beethovens 1801/02 komponierter Sonate spielte. Schließlich schrieb Schubert seine vier Impromptus Opus 90 wenige Monate nachdem er als Fackelträger an Beethovens Begräbnis teilnahm. Das Ges-Dur Impromptu, eine Art Träumerei mit ihrer eingängigen Melodie und das kapriziöse As-Dur Impromptu wirkten zwar präzise, allerdings durch ständiges Absetzen nach den einzelnen Phrasen etwas brüchig und sehr kantig und ließ den großen melodischen  Bogen, der sich um diese Werke spannt, vermissen.

Eine Besonderheit der Klavierliteratur stellen die Werke dar, die für die linke Hand geschrieben wurden, wie die berühmte Chaconne d-Moll für Violine von Johann Sebastian Bach, die Johannes Brahms eindrucksvoll für die linke Hand transkribierte. Hier hat Salyutov zu einer prachtvollen Klangfülle und Tiefgründigkeit gefunden. Seine größte Stärke entfaltete er jedoch in seiner Interpretation der Werke von Franz Liszt. Nach Chopins Nocturne b-Moll und dem posthum erschienenen in cis-Moll sowie der Fantasie f-Moll begeisterte er mit zwei Etüden aus dem Zyklus „d`execution transcendente“ und dem „Totentanz“. Die Beherrschung der extremen technischen Anforderungen dieser Werke zeugt vom immensen Können des Künstlers und entlockte dem Publikum jubelnden Applaus, der auch belohnt wurde. Die Ankündigung „ohne Zugaben kommt hier keiner aus dem Saal“ war eine nette und amüsante persönliche Aussage des eher introvertiert wirkenden jungen Künstlers und mit drei Zugaben, einer zarten Mazurka von Chopin, der Ballade der Senta aus Wagners fliegendem Holländer in der Transkription von Liszt und dem Nocturne Des-Dur Op. 9 für die linke Hand von Skriabin konnte er noch einmal richtig auftrumpfen.

Dr. Roman Salyutov – Konzertpianist, Musikwissenschaftler, Dirigent, 

wurde 1984 in Leningrad geboren und lebt seit 2004 ständig in Deutschland. Bereits mit 26 Jahren ist er umfassend ausgebildet worden: mit Auszeichnung schloss er das Sankt Petersburger Staatskonservatorium sowie die Hochschule für Musik und Tanz Köln ab und promovierte darüber hinaus als Musikwissenschaftler zum Dr. phil. an der Universität Paderborn. 

Zurzeit beschäftigt sich Dr. Salyutov aktiv mit der Konzerttätigkeit; in seinem umfangreichen Repertoire sind Werke von Barock bis zur Gegenwart vertreten, unter denen es eine Vielzahl von den virtuosesten Kompositionen gibt. Tiefgründiges Begreifen der Musik in Kombination mit einer einzigartigen Virtuosität verleiht seinen Auftritten eine besondere Ausdruckskraft. Deshalb rufen sie immer wieder grosse Begeisterung hervor und werden von der Presse hoch gelobt. 

Als ein vielseitig interessierter und begabter Musiker beschränkt sich Roman Salyutov aber nicht nur auf das Instrument, sondern ist 2013 auch zum Chefdirigenten des Kammerorchesters Bergisch Gladbach ernannt worden. Daneben gilt sein Interesse verschiedenen musikwissenschaftlichen Arbeiten. 2012 ist sein Buch über das Klavierschaffen César Francks erschienen. 

Programm 

Ludwig van BeethovenSonate d-moll Op. 31 No. 2
Franz SchubertImpromtus No. 3 & No. 4 aus Op. 90
Johannes BrahmsChaconne nach J. S. Bach (für die linke Hand allein)
Frédéric ChopinNocturnes Op. 9 No 1 & Op. Posth.
Fantasie Op. 49
Franz LisztEtudes d’execution transcendante:
– “Harmonies du soir“
– “Appassionato“
Totentanz