1 | Klavier und Violine

Yeol Eum Son, Klavier; Clara-Jumi Kang, Violine - SOLVAY GmbH

Aufregend unaufgeregt – eindrucksvoller Konzertabend mit koreanischem Duo

Wie aus fernen Welten gestalteten zwei sehr bemerkenswerte junge Künstlerinnen das erste Konzert, das die Chopin-Gesellschaft Hannover in diesem Jahr veranstaltete. Im bestens besuchten Foyer der Firma Solvey wurden Klänge dargeboten, die wie aus fernen Sphären anmuteten und das uneingeschränkte Gefühl der „Richtigkeit“ vermittelten.

Die Violinistin Clara-Jumi Kang und ihre Klavierpartnerin Yeol Eum Son waren es, die  mit einem sehr intimen, zarten Musizierstil verblüfften. Subtile Tiefgründigkeit und gestalterischer Reichtum beherrschte das musikalische Geschehen. Nichts wirkte von außen aufgesetzt oder um des Effekts willen überspannt. Jede Nuance kam aus einem inneren Impuls und einer leidenschaftlichen Freude am Musizieren. Ein wunderbar aufeinander hörendes, miteinander atmendes Duo verschmolz zu einer Einheit. 

Das gesamte Konzertprogramm war fein aufeinander abgestimmt und bildete eine Stimmungseinheit. Die romantische Epoche hat mit Clara und Robert Schumann einen Höhepunkt erreicht. Beide haben Werke für Violine und Klavier komponiert, wobei der gemeinsame Freund und Geiger Joseph Joachim wohl Anlass und Inspiration gewesen sein mag. Die drei Violinromanzen von Clara Schumann op. 22 und Robert Schumanns erste Violinsonate in a-Moll, ein Spätwerk aus dem Jahr 1851, wurden bereits von Clara Schumann und Joseph Joachim aufgeführt und fanden schon zur Entstehungszeit außerordentliche Beachtung. Im Geist romantischen Empfindens gestalteten auch Yeol Eum Son und Clara-Jumi Kang diese beiden Werke mit gesanglich-rhetorischem Reichtum. Facettenreich und vielschichtig sind diese fragilen Klanggebäude und von immensen technischen Herausforderungen für beide Instrumente, die mühelos von den Künstlerinnen bewältigt wurden. Alles Irdische scheint diesen großartigen Musikerinnen fremd zu sein. 

In diese Atmosphäre passten die mehr als siebzig Jahre später entstandenen fünf Melodien für Violine und Klavier op. 35b von Sergej Prokofjew, wobei es sich um Transkriptionen eines Zyklus‘ von Vokalisen handelt. Von wehmütiger Klage bis zur expressiven Lebhaftigkeit erlebte der Hörer eine große Stimmungsvielfalt und es entstand der Eindruck eines beredten Dialogs zwischen den Instrumenten. Es wurde geflüstert, gesungen, Themen unsentimental ausgereizt und mit atemberaubender Präzision vorgetragen. 

Ein viel beachtetes Werk ist Richard Strauss mit seiner einzigen Violinsonate in Es-Dur gelungen. Erst 23-jährig komponierte er diese monumentale Sonate, die schon auf seine späteren symphonischen Werke hinweist. Themenreich ist der erste Satz mit zahlreichen chromatischen Modulationen, effektvoll der Finalsatz mit seiner geheimnisvollen Klaviereinleitung und improvisatorisch der Mittelsatz. Das Duo betörte auch in diesem anspruchsvollen Werk durch große dynamische Bandbreite. Die Musik blieb im Fluss, Klarheit und Transparenz waren oberstes Gebot. 

Das zärtlich-wehmütige „Liebesleid“ von Fritz Kreisler rundete das Stimmungsbild ab und hinterließ die Gewissheit, einen wahrhaft großen Konzertabend erlebt zu haben.

Okka Mallek
Hannover, 27.01.2018

Die Künstlerinnen

Yeol Eum Son

Die Pianistin Yeol Eum Son, Van Cliburn Preisträgerin 2009 und Silver Medal-Preisträgerin des XIV. Int. Tschaikowsky-Klavierwettbewerb 2011, Moskau (Neben der Silber-Medaille wurde die Künstlerin für die beste Aufführung eines Kammermusikkonzertes sowie für die herausragende Interpretation eines Auftragswerkes des Komponisten Rodion Shchedrin ausgezeichnet.), ist eine der talentiertesten Pianistinnen ihrer Generation.

Internationale Aufmerksamkeit bei der Fachpresse und einem begeisterten Publikum erhielt Yeol Eum Son bereits bei der Asien-Tournée im Jahr 2004 als Solistin mit dem New York Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Maestro Maazel. Nur vier Jahre später wurde sie wiederum als Solistin mit New York Philharmonic und Lorin Maazel bei seiner vielbeachteten Orchestertournee in Seoul eingeladen. Sie spielte im Jahr 2007 das Willkommenskonzert für den neuen UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon in der UN in New York.

Sie konzertierte mit international renommierten Orchestern, u.a. mit dem Rotterdam Philharmonic Orchestra, Czech Philharmonic Orchestra, Israel Philharmonic Orchestra, Tokyo Philharmonic Orchestra, Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern,NDR Radiophilharmonie, Academy of St. Martin in the Fields, NHK Symphony Orchestra, State Academic Symphony Orchestra of the Russian Federation, Seattle Symphony Orchestra, Mariinsky Theatre Orchestra und Dirigenten wie Dmitri Kitajenko, Yuri Bashmet, Karel-Mark Chichon, James Conlon, Myung-whun Chung, Laurence Foster, Keith Lockhardt, Ludovic Morlot, Juraj Valcuha und Valery Gergiev. und fast allen großen Orchestern ihres Heimatlandes. Darüber hinaus wurde die Pianistin zu international angesehenen Festivals und Musikfestspielen wie dem Rheingau-Musikfestival, dem Beethoven-Osterfestival in Polen, dem Arthur Rubinstein Festival in Israel, dem Chopin-Klavierfestival in Polen, Festival Klavierissimo, Schweiz , der Série Jeunes Tonhalle Zürich, Schloss Elmau sowie zu verschiedenen Chopin-Gesellschaften eingeladen. Beim Kissinger Sommer 2010 gab sie anstelle von Leif Ove Andsnes einen begeistert gefeierten Klavierabend. Einen Höhepunkt in ihrer Karriere stellt derzeit die Zusammenarbeit mit Valery Gergiev und dem Marinsky Orchester dar, mit dem sie u.a. Konzerte in St. Peterburg, Kroatien oder zuletzt beim Baltic Sea Festival 2013 in Stockholm gab.

Dort führte Yeol Eum Son das 3. Klavierkonzert von R. Shchedrin in Anwesenheit des Komponisten mit dem Marinsky Orchester unter der Ltg. von V. Gergiev auf. Bei Universal Music erschien 2004 ihre Aufnahme mit sämtlichen Chopin Etüden. 2008 die Chopin-Nocturnes für Klavier und Streicher beim Label Universal Music. Im Juli 2012 veröffentlichte Yeol Eum Son eine mehrkanalige-SACD beim Independent-Label „O “ New Worldmusic.“. Die Live-Aufnahme ihres Van Cliburn Preisträger- Konzertes mit der Barber Sonate für Piano, op. 26 ,und Debussy Préludes Heft I, ist in 2009 bei harmonia mundi, USA, erschienen.

Yeol Eum Son studierte an der Korean National University of the Arts u.a. bei Kim Dae Jin sowie bei einem der prominentesten chinesischen Pianisten, Cheng-Zong Yin. Die Pianistin vervollkommnet derzeit ihre Studien bei Prof. Arie Vardi an der Hochschule für Musik und Theater Hannover. Die Künstlerin ist auch Ehren-Botschafterin des Seoul Arts Center und Ehrenbürgerin ihrer Heimatstadt Wonju, Korea. Neben ihrer künstlerischen Tätigkeit schreibt Yeol Eum Son regelmäßig eine monatliche Kolumne für die Zeitung Joong-Ang Ilbo, eine in Korea meistgelesene Publikation.

Clara-Jumi Kang

Clara-Jumi Kang wurde in Mannheim als Kind südkoreanischer Eltern geboren. Beide Eltern sind Opernsänger; der Vater singt Bass, die Mutter Sopran. Klavier- und Geigenunterricht erhielt sie bereits im Alter von drei Jahren. 

Ab dem fünften Lebensjahr wurde sie an der Musikhochschule Mannheim von Valery Gradow unterrichtet. Im Alter von 7 Jahren zog sie in die USA und erhielt ein Stipendium an der Juilliard School, wo sie zusammen mit Dorothy Delay und Hyo Kang studierte. Im Anschluss daran studierte sie an der Hanns Eisler Hochschule in Berlin und der Hochschule für Musik und Theater in München. 

Kangs ersten professionellen Auftritt gab sie mit dem Hamburg Symphony Orchestra. Sie gewann im Jahr 2009 die Seoul International Violin Competition und errang beim Internationalen Joseph Joachim Violinwettbewerb in Hannover den zweiten Platz. Im Jahr 2010 gewann sie den ersten Preis der Sendai International Violin Competition und eine Goldmedaille bei der International Violin Competition of Indianapolis, bei der sie daneben auch mit 5 Zusatzpreisen geehrt wurde. Im Jahr 2012 wurde sie von der Zeitung Dong A Times in die Liste der 100 einflussreichsten Koreaner aufgenommen und erhielt im selben Jahr den Daewon Music Award für ihre herausragenden Leistungen bei internationalen Konzerten. Im Jahr 2014 wurde sie mit dem Preis Kumho Musician of the year geehrt.

Programm

Clara SchumannTrois Romances op. 11
Robert SchumannViolinsonate Nr. 1 a-Moll op. 105
  
Sergei S. ProkofjewFünf Melodien op. 35b (1925)
Richard StraussViolinsonate Es-Dur op. 18