2 | Kla­vier­­abend mit Charles Richard-Hamelin

Charles Richard-Hamelin, Klavier - in der Christuskirche Hannover

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Charles Richard-Hamelin beeindruckt in der Christuskirche

Ein reges Konzertleben, zahlreiche Wettbewerbserfolge und eine umfangreiche Diskographie zeichnen den kanadischen Pianisten Charles Richard-Hamelin aus. In der Chopin-Gesellschaft Hannover gab er nun zum dritten Mal einen Klavierabend und begeisterte, wie auch in den Jahren zuvor, in der gut besuchten Christuskirche mit seinem kraftvollen, klanglich intensiven Klavierspiel. Seine Interpretationen überzeugten durch Natürlichkeit, nichts wirkte aufgesetzt oder wegen des Effekts überzogen. Fast bescheiden, zurückhaltend und ernsthaft betrat er die Bühne und hinterließ, ohne große raumgreifende Gesten, einen phänomenalen Eindruck.

Klavierwerke von Ravel und Chopin standen auf dem Programm. Die impressionistischen Klanggemälde Ravels füllten im ersten Konzertteil die akustisch hervorragende Christuskirche. Fast zärtlich und wehmütig hauchte Richard-Hamelin die Pavane für eine entschlafene Prinzessin hin. Ein reizvolles kleines Klavierstück! Als Meister subtiler Klanggestaltung erwies er sich auch in der Suite „Le tombeau de Couperin“, einem Trauergesang für Couperin. Nach barockem Vorbild entstanden diese sechs Sätze. Richard-Hamelin nuancierte jeden Tanz mit großer Intensität, kristallisierte die charakteristischen Merkmale heraus und überließ nichts dem Zufall. Jede Phrase, jedes Motiv bekam eine ganz eigene Strahlkraft. Besonders der temperamentvolle und heitere Rigaudon und auch die abschließende Toccata mit ihren extremen dynamischen Vorgaben, die vom pianissimo bis fortissimo reichen, faszinierten und überzeugten. Das war musikalische Klangsprache par excellence.

Dem Vorbild Bachs folgend, der mit seinem „Wohltemperierten Klavier“, in dem er Präludien und Fugen durch alle Tonarten komponierte, Maßstäbe setzte, entstanden die Préludes op. 28 von Chopin. Ein Zyklus von 24 kurzen Meisterwerken unterschiedlichster Stimmungen. Richard-Hamelin präsentierte jede einzelne dieser Preziosen minutiös und detailliert. Er entfaltete den unendlichen Reichtum dieser Werke, die sich so mühelos aneinanderreihten. Keine Phrase, über die hinweg gespielt wurde. Klarheit und Sensibilität schienen hier die Grundlage für Richard-Hamelins Musizieren zu sein. Selbst die pianistisch einfachsten Stücke bekamen eine große Bedeutung. Die klaviertechnische Anforderung des Zyklus reicht von leicht spielbaren Werken (welcher Klavierschüler hat nicht schon das sogenannte Regentropfen-Prélude gespielt?) bis zu hoch virtuosen Kompositionen, wie dem b-Moll-Prélude Nr. 16 mit seinen rasanten Läufen und Oktav-Sprüngen. Sehr träumerisch, expressiv und dennoch unsentimental kam das beinahe wie ein Nocturne klingende Prélude Nr. 13 in Fis-Dur daher. Jedes einzelne Prélude bekam Gewicht und fügte sich dennoch in die Architektur des gesamten Zyklus.

Eine Zugabe folgte dem Applaus und Bravorufen. Mit einer Eigenbearbeitung des letzen Satzes „Le jardin féerique“ aus der vierhändigen Suite „Ma mère L‘oye“ endete ein besonderer Konzertabend. Und wer noch mehr von dem Künstler hören wollte, konnte eine signierte Einspielung erwerben und mit nach Hause nehmen.

Okka Mallek
Hannover, 30.04.2022


Der Künstler

© Elizabeth Delage

Charles Richard-Hamelin

Der kanadische Pianist Charles Richard-Hamelin, Silbermedaillengewinner und Preisträger des Krystian-Zimerman-Preises beim Internationalen Chopin-Klavierwettbewerb 2015 in Warschau, sticht heute als einer der bedeutendsten Musiker seiner Generation hervor. 2014 gewann er außerdem den zweiten Preis beim Montreal International Musical Competition und den dritten Preis beim Seoul International Music Competition in Südkorea. Charles ist Träger des Order of Arts and Letters of Quebec und des renommierten Career Development Award des Women’s Musical Club of Toronto.

Charles Richard-Hamelin ist Absolvent der McGill University, der Yale School of Music, des Conservatoire de Musique de Montréal und hat bei Paul Surdulescu, Sara Laimon, Boris Berman, André Laplante und Jean Saulnier studiert. Er trat bei verschiedenen renommierten Festivals und als Solist mit mehr als fünfzig Ensembles und unter der Leitung renommierter Dirigenten auf.

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Programm

Maurice RavelPavane pour une infante défunte
Prélude (1913)
Le tombeau de Couperin
Frédéric Chopin24 Préludes op. 28