5 | 24. Open-Air Konzert


Traditionsreiches Klassikkonzert unter freiem Himmel

Text: Okka Mallek
Hannover, 09.09.2012

Der Sommer war kalendarisch schon fast vorüber, doch schickte er erwartungsgemäß noch ein paar wärmende Sonnenstrahlen nach Hannover, wo im Georgengarten das traditionsreiche Open Air Konzert der hannoverschen Chopin-Gesellschaft stattfand. Seit 24 Jahren vergeht kein Sommer ohne dieses beliebte Ereignis, das unbestritten das kulturelle Leben der Stadt entscheidend mitprägt. 
So war auch in diesem Jahr die Wiese vor dem Wilhelm-Busch-Museum mit geschätzten 6.000 Besuchern gut gefüllt. Ausgestattet mit Getränken und Delikatessen verschiedenster Art – vom zünftigen Bier über Kaffee, erlesene Weine bis stilvoll kredenztem Champagner reichte die Palette – richtete sich jeder auf seinem erwählten Rasenplatz ein, um in kollektiver Eintracht den Klängen des Jungen Sinfonieorchesters zu lauschen. Das hatte auch einiges zu bieten. Unter seinem Dirigenten Tobias Rokahr erklangen Werke, die auf der Skala der Beliebtheit ganz oben stehen. 

Sozusagen als Ouvertüre spielte das Orchester Chatschaturjans Walzer aus dem Ballett Masquerade, ein sprühendes Feuerwerk aus guter Laune und Lebhaftigkeit. Schwungvoll und zupackend ging Rokahr an dieses voluminöse Werk heran, um anschließend im Valse Triste von Sibelius den melancholischen und zärtlichen Charakter dieses zauberhaften Musikstückes detailliert auszukosten. Als dritter im Bunde stand der Kaiserwalzer von Johann Strauss auf dem Programm. Der Wiener Charme, der diesem Stück zweifellos innewohnt, scheint immer wieder zu entzücken, vor allem, wenn, wie beim Jungen Sinfonieorchester, ausgeprägte Spielfreude zu spüren ist. Mit ausladenden Gesten und körperlichem Einsatz gelang es Rokahr, den munteren Fluss in Gang zu halten. Die Idee, mit drei Walzern solch unterschiedlicher Farbigkeit das Programm zu eröffnen, war durchaus überzeugend.
So war das Publikum wach und aufmerksam für die folgenden zwei Solokonzerte mit dem Hornisten Keiji Takao und dem Pianisten Jinsang Lee. Takao spielte das Hornkonzert von Wolfgang Amadeus Mozart. Mit einwandfreier Technik beherrschte er sein Instrument und die große musikalische Herausforderung namens Mozart, die sich in diesem heiklen Konzert bemerkbar macht, nahm er offenbar mit Gelassenheit an.
Noch wirkte der Bläserklang nach, da war die Umbaupause schon vorbei und der Klaviervirtuose Jinsang Lee nahm am Flügel seinen Platz ein. Mit dem a-Moll  Klavierkonzert von Edvard Grieg krönte er zweifellos den Nachmittag im Georgengarten. Jinsang Lee spielte das romantische Werk mit intelligenter Konzeption, seriöser Musikalität und Virtuosität und vollkommen unprätentiös. Emotionale Ausbrüche waren stets nur angedeutet und dadurch besonders effektvoll. Das Publikum ließ sich zu stehenden Ovationen hinreißen und wurde mit einer herrlichen Zugabe beschenkt – der „Widmung“ von Robert Schumann in der Transkription von Franz Liszt. Auch dieses hochromantische Kleinod spielte Lee beherrscht und dennoch mit großer emotionaler und klanglicher Wärme.

Der Applaus und die Stimmung des Publikums dürften ein Indiz dafür sein, dass das Open Air Konzert der Chopin-Gesellschaft auch im nächsten Sommer die Hannoveraner wieder in den Georgengarten locken wird, zumal es dann darum geht, das 25. Jubiläum zu begehen. Das Datum spricht für den Anlass, es wird der 25. August sein, wie die Präsidentin, Sookie Schober, verkündete. 

Keiji Takao

erhielt mit 16 Jahre seinen ersten Unterricht bei Tatsuya Seo, dem Solohornisten des Kyushu-Symphonieorchesters in Japan, der seinerzeit in Hannover studiert hat. Im Jahre 2000 kam Keiji nach Deutschland und begann im Oktober 2001 sein Musikstudium bei Prof. Jan Schroeder in der HMTM. Von 2003 bis 2007 war er Gründungsmitglied im Uhlemeyer-Quintett und hatte umfangreiche Konzerttätigkeit, welche von der Yehundi Menuhin Stiftung „Live Music Now“ gefördert wurde. 2008 beendete er sein Studium an der HMTMH mit sehr gutem Erfolg und studierte 2 Jahre Lang bei Markus Maskuniitty als Aufbaustudium und Naturhorn bei Eva-Maria Görres. Zur Zeit beschäftigt er sich mit dem Parforcehorn bei „Treffpunkt Fermate“, wobei er an verschiedenen Orten bei Treibjagd und Konzertauftritten beteiligt ist.

Jinsang Lee 

wurde 1981 in Seoul/Korea geboren. Er begann seine Ausbildung an der Korean National University of Arts bei Daejin Kim und setzte seine Studien in Deutschland bei Wolfgang Manz, Julia Goldstein (HfM Nürnberg) und Pavel Gililov (HfM Köln) fort. Jinsang Lees rege Konzerttätigkeit führte ihn bereits auf mehrere Kontinente. Er trat u.a. mit Dirigenten wie Vladimir Ashkenazy, Michel Brousseau, Theo Wolters, Theodor Guschlbauer und Muhai Tang als auch mit namhaften Orchestern, wie dem Sendai Philharmonic Orchestra, den Nürnberger Symphonikern, dem WDR-Rundfunkorchester, dem Shanghai Philharmonic Orchestra, dem Tonhalle-Orchester Zürich und dem Zürcher Kammerorchester auf. 

Der erste Preis beim Concours Géza Anda hat Lee die Möglichkeit zahlreicher weiterer Konzertauftritte eröffnet, so u.a. beim Bodensee-Festival, beim Gstaad-Festival, beim Lucerne Piano Festival, beim Montreux-Festival, beim Klavierfestival Busoni in Bozen, beim Festival di Cervo, beim Festival de Menton, beim Engadin-Festival, beim MDR-Musiksommer und in Begleitung von Orchestern wie dem KBS Symphony Orchestra Seoul, dem Berliner Konzerthausorchester, dem Berner Sinfonieorchester (Mario Venzago), dem Orchestra della Svizzera Italiana (Nikolaj Znaider), den Grazer Philharmonikern (Michael Boder), den Bamberger Symphonikern (Jonathan Nott), dem Aargauer Symphonie Orchester (Douglas Bostock) und dem Wiener Kammerorchester (Mark Laycock). 

Programm

A. ChatschaturjanWalzer aus „Masquerade“
Jean Sibelius Valse Triste op. 44, Nr. 1
Johann StraussKaiserwalzer
W. A. MozartHornkonzert Nr. 3 in Es-Dur KV 447
Edvard GriegKlavierkonzert in a-Moll op. 16